Seit Mittwoch sind wir wieder mit einem VW unterwegs. Sogar einem Bus und dann auch noch in gelb-weiß! Weil nicht jeder unseren letzten Blogbeitrag gelesen hat, erklären wir hier nochmal, warum wir jetzt nicht mehr in Ghana sind, sondern im Senegal und warum wir VW-Bus fahren und nicht Motorrad. Also: wie schon letztes Jahr, fahren wir während der Regenzeit nicht durch Westafrika, sondern reisen währenddessen anders und wo anders weiter. Letztes Jahr standen die Motorräder in Bissau, dieses Jahr haben wir in Accra eingelagert. Im Herbst, wenn es aufhört zu regnen, kommen wir zurück nach Ghana und setzten die Reise entlang der Westküste mit Motorrädern fort.
Am letzten Freitag sind wir nach Dakar geflogen und haben das Wochenende auf dem Land in einem kleinen Häuschen mit Meerblick verbracht. Am Montag haben wir uns frühmorgens mit all den Pendlern in einen Zug gequetscht und sind nach Dakar gefahren, um den VW LT28 namens „Sunshine“ aus dem Zoll zu holen und ihn in den nächsten Wochen nach Holland zu überführen.
Sunshine gehört einem holländischen Pärchen, die so schlau waren, ihre Auszeit zum Reisen und nicht zum Rasen zu nutzen. Statt in Rekordzeit in den Senegal und zurück zu düsen, sind die beiden gemütlich die Westküste entlang gereist und haben den Bus Anfang März in Dakar im Zolllager abgestellt. Schon vor ein paar Monaten hatten sie uns gefunden, um ihren LT28 dort im April wieder auszulösen und zurück nach Holland zu überführen. Deswegen sind wir gerade mit einem VW-Bus statt mit Motorrädern unterwegs, im Senegal und nicht in Ghana und mit holländischen statt bulgarischen Kennzeichen. So, jetzt dürfte alles erklärt sein.
Sunshine ist in unserem Alter und wurde 1977 erstzugelassen. Er hat wie wir auch schon viel erlebt. So wie wir Falten und graue Haare bekommen, hat Sunshine Dellen und Rost – und ganz, ganz viel Charakter. Wir waren vom ersten Augenblick an verliebt. Wer neu hier im Blog ist: wir waren ein paar Jahre vollzeit-Vanlifer in einem VW T4, der uns über Tibet bis ans Südchinesische Meer und im Winter durch Sibirien gebracht hat. Wir „stehen auf alte VWs“, denn unser aktueller „Overlander Passat Hans“ in Bulgarien (mit dem wir durch den Irak und Kaukasus gereist sind) ist von 1991.
Insgesamt haben wir rund zwei Tage gebraucht, um Sunshine aus dem Zolllager auszulösen und den dazugehörigen Papierkram zu erledigen. Es ist für uns das vierte Mal im Senegal und wir waren jedes Mal unglaublich froh, das Land verlassen zu können. Wir kommen mit den Menschen hier einfach nicht klar. Null. Der Senegal entwickelt sich gerade mit Vollgas rückwärts durch eine ständige Islamisierung der Bevölkerung und durch den hohen politischen Einfluss muridischer Bruderschaften. Seit letzte Woche hat Senegal einen neuen Präsidenten – mit zwei Ehefrauen. Ob das eher Vor- als Rückschritt ist, wird sich zeigen. Zumindest ist er demokratisch gewählt.
Diesmal waren wir während des Ramadans im Senegal. Wir hatten uns keine großen Gedanken gemacht, denn wir waren während des Ramadans auch schon im Iran und den VAE unterwegs und mussten nie hungern. Auch Muslime dürfen während des Fastenmonats tagsüber essen und trinken, wenn sie sich an die Ausnahmen halten. Im Senegal scheint es keine Ausnahmen zu geben und wer nicht fastet, wird „fasten gemacht“. Als wir bei Millie in unserem Häuschen am Meer eintrafen, ging sie als Christin schon auf dem Zahnfleisch und hatte die Tiefkühltruhe voll Essen, da man tagsüber nichtmal Brot kaufen kann. Alles geschlossen. Alles. Kein Bäcker, keine Konditorei, kein Café, kein Restaurant hat geöffnet. Wir bekamen tagealtes Brot serviert und wurden tagsüber zum Fasten gezwungen. Jetzt haben wir eine Kiste voll Chipstüten und Nüsse als Proviant, aber als wir aus Ghana per Flieger anreisten, hatten wir natürlich nichts.
Auch in unserem Hotel in Dakar (in dem wir verwirrt gefragt wurden, wo denn die Motorräder seien), wurde uns zum im Übernachtungspreis inkludierten Frühstück drei Tage altes Brot und eine einzige, angetrocknete Scheibe Käse serviert. Nach Diskussion, Telefonaten und einer Stunde warten servierte uns das die Putzfrau, die Köchin kommt natürlich gar nicht erst zur Arbeit, wer kann denn damit rechnen, dass Gäste nicht fasten? Das haben wir alles noch in keinem einzigen Land während Ramadan erlebt.
Es gibt einfach unendlich viele Wesenszüge, die uns bei den Menschen im Senegal, wie auch in Guinea nicht gefallen und uns nach kurzer Zeit aggressiv machen. So brauchten wir am Montag 5,5 Stunden, um die Originalpapiere von Sunshine aus den Fängen eines korrupten Zöllners zu befreien, der uns mit seinen Lügengeschichten und Märchen auf die Nerven ging und Zeit stahl. So eine dreiste Lügerei und Schummelei ist hier leider nicht die Ausnahme.
Genauso ging es am nächsten Tag in einem ganz anderen Zollbüro weiter und weil am dritten Tag unseres Kampfes gegen korrupte Lügenzöllner Feiertag war, mussten wir letztendlich tun, was wir beide in vielen Jahren Arbeit und Reise in Afrika noch nie getan haben: Bestechungsgeld zahlen. 85$ dafür, dass wir diese Lügerei beenden und alle Papiere hatten, um Sunshine aus dem Lager holen zu können. Doch auch solch simple Aufgaben wie „ein paar Tage Parkgebühr zahlen“ artet hier in einer Mammutaufgabe von über einer Stunde aus, während der man viel Geduld braucht und alles weglächelt.
Als wir dachten, endlich den Bus zumindest sehen zu können, wurden wir in den Containerhafen geführt, doch kamen nicht weit. Es musste gebetet werden. Unglaublich: der größte Containerhafen der afrikanischen Westküste steht komplett still, weil gebetet werden muss. Mehrmals am Tag natürlich. Das müsste man eigentlich mal ausrechnen, wie viel Geld da in nur einer Woche verrinnt, weil kollektiv gebetet wird, sich die Weltwirtschaft aber weiterdreht. Der Senegal ist, anders als Länder wie z.B. Iran oder Mauretanien, keine islamische Republik und ein offiziell säkulärer Staat. Hier liegen Theorie und Praxis sehr weit auseinander…
Nach dem Beten durften wir Sunshine sehen. Sunshine’s Eigentümer hatte extra umgerechnet 75€ gezahlt, damit wir den Bus auf die öffentliche Straße „geliefert“ bekommen. Außerdem hatte er uns für Montag angekündigt. Die Akte lag immerhin parat, aber Sunshine war auch am Dienstag so tief eingeparkt, dass erstmal Autos rangiert werden mussten, damit ich als schlanker Mensch mich ins Auto zwängen konnte. Weil Sunshine mit angezogener Handbremse abgestellt worden war, rollte er nicht und die Lagerarbeiter zogen den armen Bus mit einem Gabelstapler quer über die blockierenden Reifen aus der Parkposition, dass Sunshine fast in das daneben parkende Fahrzeug gezogen wurde, hätte Jan nicht wie ein Verrückter geschrien. Die Lagerarbeiter waren alle nett, aber einfach alles andere als helle Kerzen und so passierte es gleich nochmal fast – ein anderer Arbeiter rangierte so dumm Autos, dass auch da nur deshalb nichts passiert ist, weil sich Jan dem Mann fast vor den Kühler warf, bevor es krachen konnte. Wie auch der Punkt „Parken zahlen“, ist auch „ausparken“ im Senegal ein stundenfüllendes Programm.
Weil am nächsten Tag ja Feiertag war und deswegen alle zwei Stunden früher als sonst den Griffel zur Seite legten, wurden wir wieder nicht ganz fertig. Aber am Ende von Tag zwei stand Sunshine zumindest in der Nähe der Ausfahrt und wir hatten alle nötigen Papiere zusammen, um ihn an Tag drei morgens auch tatsächlich aus dem Hafengelände herauszufahren. Unglaublich.
Weil Ramadan ist, wird Arbeiten generell überbewertet. Wir kennen Dakar und waren dort immer mit Taxis unterwegs und es war nie ein Problem, ein Taxi zu bekommen. Nun, während Ramadan schon. Es fährt einfach keiner. Wir standen mit einem Polizisten auf der Verkehrsinsel eines Kreisverkehrs und schauten in alle Richtungen und ließen die Handys glühen, um ein Taxi zu erwischen. Als endlich eins auf den Kreisverkehr zufuhr, winkte es uns der Polizist heran (ja, es gibt auch nette Menschen) und der Taxifahrer fuhr spontan entgegen der Fahrtrichtung in den Kreisverkehr, um dann beim Wenden direkt vor dem Polizisten den Kreisverkehr durch Querstehen ganz stillzulegen. Helden! Liegt auch daran, dass hier (und in Guinea) Koranschulen die staatliche Schulbildung unterwandern und dort nur arabische Koranverse auswendig gelernt werden. Am Ende der Schulzeit können die Schüler dann weder Lesen noch Schreiben noch die Amtssprache Französisch. Macht aber nichts, es gibt ja arabischsprachige (islamische) Radiosender und wer wie 70% der Senegalesen in einer mulimischen Bruderschaft ist, bekommt auch so einen Job: zum Beispiel als Sonnenbrillen-Verkäufer an Europas Stränden (oder hier).
In der Mall, zu der er uns fuhr, gab es in der „Pizzaria Roma“ fettige amerikanische Pizza und im Supermarkt die erste Ausstattung des neuen Haushaltes mit Glasreiniger, Küchenrolle, Toilettenpapier etc. und eine große Notration Chips und Nüsse für das Überleben während des Ramadans im Senegal. Im Apple Store wollte ich einen neuen Akku kaufen, aber das war unmöglich, weil ja wegen des Feiertags das Geschäft in einer halben Stunde schließt. Genau. Macht Spaß im Senegal.
An Tag drei fuhren wir zum unzähligsten Mal zum Containerhafen und diesmal, endlich, konnten wir tatsächlich das letzte Papier abstempeln lassen und herausrollen. Das Wachpersonal kannte uns nach drei Tagen schon und stand zum Abschied unglaublich nett mit Putzlappen und Wasser da, um die Windschutzscheibe abzustauben.
Wir fuhren nicht weit. Nur raus aus dem lauten Dakar, weg von lügenden und betrügenden Senegalesen an einen Ort, an dem wir Sunshine innen abstauben und putzen konnten, die Ausrüstung und Einrichtung kennenlernen und letztendlich auch einzuziehen. Unsere Strategie: ein Campingplatz am Lac Rose unter französischer Leitung. Dort sollte es doch was zu essen geben! Nein, gab es nicht, der Chef schmiss seinen Laden aus Hotel und Campingplatz allein, denn es war Feiertag (Eid Mubarak) und natürlich arbeitet da kein Senegalese. Um nicht sofort unsere Notration Chips anbrechen zu müssen, waren wir richtig froh, in der Küchenkiste von Sunshine eine Packung Nudeln und ein Glas Tomatensauce zu finden! Sunshine sorgt für uns!
Der Lac Rose war früher das legendäre Ziel der Rallye „Paris Dakar“. Für Rallyebegeisterte ist er bis heute ein symbolisches Ziel vieler Reisen. Seine rosa Farbe bekam er durch Algen, die aber während der besonders heftigen Regenzeit 2022 in Schlamm erstickt wurden. Bis heute ist der See grau und hässlich, weswegen wir dort noch nicht waren. Aber der französische Campingplatz liegt am Ufer und nun haben wir auch das mal gemacht: entlang des Lac Rose zu fahren! Was für alle die Ziellinie war und bis heute ist, ist für uns eher die Startlinie. In den nächsten Wochen gondeln wir mit Sunshine gemütlich gen Norden.
Am Wochenende verlassen wir endlich wieder dieses unsägliche Senegal und es geht zurück nach Mauretanien, eines unserer bisherigen Top-Favoriten Westafrikas, nachdem wir dort 2022/23 ganze 7 Wochen unterwegs waren. Der Buschfunk hat es auch schon bis in den Norden Mauretanien getragen, dass wir mit einem 47 Jahre alten Fahrzeug inkognito als Holländer getarnt nach Mauretanien kommen. Wir freuen uns schon sehr auf das Land und seine „blauen Männer“!
Unser bis Oktober letztes Video aus Ghana und bis dahin auch letztes Motorrad-Video: von Nationalparks und Elefanten, Safari für 7,50€ und internationaler Kunst:
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