Manchmal geht die Reise nicht so vorwärts, wie geplant oder gedacht. Manchmal muss man auch den Rückwärtsgang einlegen. Und das haben wir vor ein paar Tagen gemacht.

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Im Osten Gambias hat es uns unglaublich gut gefallen. Das Erlebnis, Schimpansen in freier Wildbahn beobachtet zu haben, war ein absolutes Highlight. Auch die dortige Unterkunft direkt am Wasser war traumhaft. Die Weiterfahrt war dagegen ein wenig „emotional flach“, beginnend mit der merkwürdigen Insel „Makati“ (Mc Carthy Island), auf der alle unter Drogen waren. Im letzten Blogpost hatten wir von unserem merkwürdigen Aufenthalt berichtet.

Auf dem Rückweg zur Küste verabredeten wir uns wieder mit dem Bekannten aus Köln und verbrachten einen weiteren netten Abend zusammen. Die Unterkunft, in der er auf uns wartete, hatte für 16€ sogar einen Pool! Als wir dort ankamen, war gerade Mittagsbuffet für Tagesgäste aus der Touristenhochburg Senegambia. Wir warteten bis zum Abendessen und wurden enttäuscht. Man schmeckte ganz deutlich, dass die Sauce aus der Tüte kam. Der nette Barkeeper saß mit uns am Tisch und er bestätigte: ja, die Küche nutzt Saucentütchen! Und europäischen Hühnermüll. (Für die „Neuen“: Die EU „verklappt“ Hühner-Reste (was der verwöhnte Europäer nicht essen möchte) nach Westafrika. Eine kurze Erklärung gibt es hier: Artikel ) „Gambia bekommt nur Kartons mit linken Körperteilen“ erklärte der Barkeeper. Und wie zum Beweis gab’s dann auch linke Hühnchen Schlegel zum Abendessen, obwohl durch die gesamte Anlage Hühner rannten und der Barkeeper selbst welche zum Schlachten verkauft! Das Angebot der „Lodge“ war für  Reisebusse voll europäischer Tagesgäste ausgelegt und „denen kann man das ja servieren, die kennen ja nix Anderes als Industrieprodukte in Europa“… Für uns trotz Pool dadurch ein sehr ernüchternder Aufenthalt.

Unser Ziel war das Paradies: eine Unterkunft direkt am weißen Traumstrand mit Palmen, Restaurant mit den Füßen im Sand, ohne Massentourismus. In einer Facebookgruppe hatte ich einen Deutschen (Stephan) kennengelernt, der dort schon 7x in Urlaub war. Zu der Zeit waren wir in Mauretanien und extrem neidisch auf sein Frühstück mit Obst und allabendlichem Fisch und Meeresfrüchte. Da mussten wir hin! Stephan verkaufte mir außerdem Malariatabletten, die er nicht vertrug und auf die ich spontan zurückgreifen musste, weil ich die ursprünglich geplanten Tabletten nicht vertrug und von der Alternative nicht genug dabeihatte, von der er nun übrig hatte. Win-Win! Er hinterließ mir eine Tüte Tabletten an der Rezeption und reservierte für uns im Paradies. Social Media ist manchmal wirklich toll!

Nicht nur die Lage war traumhaft, auch das Zimmer trotz nur 16€ luxuriös: es gab sogar warmes Wasser, Duschvorhang, Sitzmöbel, Schrank und Tisch! Wir fühlten uns mitten im Reisekatalog. Der Strand wie diese Titelbilder oder Poster im Reisebüro, Strandbar mit Kuchen und leckerstem Essen (diese Shrimps machen in Gambia und Senegal einfach süchtig und das für 3€ der Teller!), Hängematten zwischen Palmen, ein paar Boote schaukeln im Wasser, weißer Sand,… herrlich! Leider war das Internet nicht nutzbar und es gab keinen richtigen Handyempfang. Das war die vergangene Woche unterwegs schon so gewesen und wir mussten dringend einen Haufen abarbeiten. Das wollten wir im Paradies tun, aber das war leider nicht möglich.

Plan B war, das beim deutschen Büchertausch in Senegambia ergatterte Buch gemütlich am Strand zu lesen, doch weil die Temperaturen an der Küste tatsächlich 20 Grad niedriger waren als im Hinterland, wo wir herkamen und dazu noch teils kräftiger Wind wehte, war uns zu kalt dazu. Wir saßen zu Sonnenuntergang in Fleecejacken gepackt am Strand und holten für die Nacht die dicke Steppdecke aus dem Gepäck. Als wir am nächsten Morgen aufwachten, war alles (auch die frisch gewaschene Wäsche auf der Terrasse) voll schwarzem Ruß. Die Fischfabrik im Ort hatte den Dieselgenerator angeworfen und der erfüllt eben keine Euro 5 Abgasnorm. Aber Deutschland wird die Welt ganz bestimmt mit Umweltplaketten und Elektroautos retten! Die Tiere taten uns besonders leid, denn die können nicht wie das ganze Dorf mit Putzeimern und viel Seife dem Diesel-Übel entgegenputzen, die waren einfach grau. Die Leute wuschen sogar ihre Schafe im Meer. Alles, wirklich alles war in den frühen Morgenstunden schwarzgrau geworden und auch die Luft war beißend.

Das Paradies war gegen uns. Wir versuchten noch einen ganzen Tag lang, irgendwelche Funken Internet zu erhaschen, aber leider erfolglos. Wir beschlossen, den Rückwärtsgang einzulegen und zurück nach Serekunda zur „Schwedenlodge“ zu fahren. Da gab’s zwar auch kein gutes WiFi, aber besten Handyempfang und wir hatten gleich bei Ankunft in Gambia ein Datenpaket von 100Gb gekauft, was wir bei solchen Gelegenheiten nutzen. Leider gibt’s bei der Schwedin kein Frühstück mit den Füßen im Sand direkt unter Palmen am Strand und auch keine Garnelen zu Meeresrauschen und auch keine warme Dusche oder Duschvorhang, aber manchmal muss man Prioritäten setzen und die sind bei Langzeitreisenden anders als bei Urlaubern. Urlauber können ihre Arbeit, sämtliche Erledigungen auf „später zuhause“ verschieben, Langzeitreisende nicht. (Wie wir das finanzieren, lest Ihr hier: Kosten) Und das erfordert dann leider solche Entscheidungen, die uns aus dem Paradies herauskatapultierten. Aber wir wissen nun, wo das Paradies ist!

Auch unsere Motorräder waren schwarz-grau verfärbt. Alles, was man anfasste, hatte einen öligen schwarzen Film. Wir fuhren zur Tankstelle und ließen waschen, packten die dabei getragenen Klamotten gut weg und fuhren zurück zur „Schwedenlodge“, wo wir nach einer Woche Abwesenheit wie zuhause begrüßt wurden. Eigentlich wollten wir ja weiter gen Süden, aber nicht immer geht es nach Plan, wenn man auch Geld verdienen muss. Unsere Klamotten landeten sofort im Wascheimer und produzierten vier Spülgänge grauschwarzes Wasser. Das ist die Welt jenseits der Euro-5 oder 6 oder Elektroautos, in denen die Europäer ja jetzt die Rettung der Welt sehen und die Augen davor verschließen, woher die Rohstoffe dafür kommen. Aus Afrika natürlich, zu ausbeuterischen Bedingungen… In Afrika wird Strom überall mit Dieselgeneratoren und großen Dieselkraftwerken gewonnen und solange das so ist, wirken Europas Ideen wie aus einem Paralleluniversum…

Der Tag, an dem wir das Paradies zum Arbeiten verlassen mussten, war unser fünfter Reise-Jahrestag. Exakt fünf Jahre zuvor hatten wir in Krefeld den Wohnungsschlüssel abgegeben und unseren neuen Lebensabschnitt begonnen. Er sollte „open end“ sein und das ist bis heute immer noch so. In den fünf Jahren haben wir ein paar Mal Fahrzeuge und Reisestile gewechselt: von Motorradreisenden zu Vanlifern zu Backpackern mit nur Handgepäck zu Microcampern und nun wieder Motorradreisenden. Wir sind flexibel geblieben, haben uns von der Pandemie nicht vom Reisen abhalten lassen (denn es war immer möglich) und eine neue Heimat gefunden.

Und: wir lieben uns immer noch. Jeden Tag ein kleines Bisschen mehr. Auch, wenn uns niemand glaubt: wir sind seit November 2017 fast nonstop 24/7 zusammen, meist auf allerkleinstem Raum (wir haben 1,5 Jahre in einem Passat gelebt!) und haben bisher erst ein einziges Mal (2019) gestritten. Und das, obwohl so eine Dauerreise nicht immer einfach ist und nicht jeder Reiseabschnitt so war, wie wir uns das gewünscht haben. Unsere SkandinavienNordeuropa-Tour haben wir letztes Jahr abgebrochen und 2022 leider  ganz anders erlebt, als wir es gerne gehabt hätten. Aber warum sollte bei Vollzeitreisenden immer alles perfekt sein? Das ist es ganz und gar nicht, aber wir machen das Beste daraus!

Auch unser Jubiläumstag war nicht perfekt. Wir mussten ja wegen Internet zum Arbeiten das Paradies verlassen und der Cappuccino/Eiskaffee, den wir uns „zur Feier des Tages“ gönnten, war ein 3 in 1 Produkt von Nescafé. Statt Shrimps romantisch am Strand wie eigentlich erträumt, aßen wir abends indisch in der lauten, lärmenden Touristenmeile Senegambias. Auch lecker. Trotzdem sind wir glücklich wie nie, diesen Lebensabschnitt vor fünf Jahren gestartet zu haben und freuen uns jeden Tag darüber, unterwegs zu sein. Ob wir etwas vermissen? Im Großen und Ganzen: nein. In Mauretanien haben wir gutes Essen, Obst und fließend Wasser vermisst und manchmal zerreißt es uns das Herz beim Gedanken an den Verlust von unserem T4 Kittymobil. Unser „altes Leben“ und alles, was dazu gehört, vermissen wir jedoch nie. Nichts davon. Noch nicht mal deutsches Vollkornbrot. Wir sind rundum glücklich und leben den Moment, denn letztendlich sind es die kleinen Dinge, die glücklich machen. Man muss sie nur sehen.

Endlich haben wir auch ein Foto von holländischen Zwiebeln gemacht! Es gibt etwas, was wir Euch schon so lange erzählen möchten, aber das passende Foto fehlte. In Westafrika gibt es ein sehr beliebtes Gericht: Huhn mit Zwiebelsauce. In Gambia und Senegal „Yassa“ genannt. Es handelt sich um ein traditionelles Gericht, das aber blöderweise ausschließlich (!) mit Zutaten zubereitet wird, die aus Europa kommen. Die Europäer essen die Hühnerbrust, der Rest vom Huhn wird zu Dumpingpreisen, die kein lokaler Geflügelhof mithalten kann, hier tiefgefroren auf den Markt geworfen. Und weil die Hühner auf „viel Brust“ gezüchtet sind, fallen die Schlegel und Flügel extrem winzig und „knorpelig“ aus. Die Zwiebeln für die Sauce kommen auch aus Europa, weil der Europäer gerne dicke große Zwiebeln möchte und die Norm vorschreibt, dass die Zwiebel mindestens 10cm im Durchmesser haben muss. Kleinere Zwiebeln möchte der anspruchsvolle Europäer nicht, die werden nach Afrika verscherbelt. Schmecken natürlich nicht anders, aber der Europäer ist sich zu fein dafür. Der Boden in Gambia ist extrem fruchtbar, aber warum sollte hier irgendwer Zwiebeln anbauen, wenn die Europäer hier ihren „Müll abwerfen“? Die lokale Landwirtschaft, sei es Geflügelzucht oder Gemüsebau, hat keine Chance. Die EU macht sich das Flüchtlingsproblem selbst. (Welthungerhilfe) Mit den Fischereirechten ist es nicht anders. Dazu gibt es einen ausführlichen Artikel vom SPIEGEL. Die Fischer fangen immer weniger Fische, weil die europäischen Fischfabriken vor der Küste alles leer fischen (nein, das sind nicht hauptsächlich Chinesen, das kann jeder bei Vesselfinder selbst sehen) und die EU unter dem „Siegel“ der „Nachhaltigkeit“ die Fischereirechte abgekauft hat. Darüber hatten wir ja in der Westsahara schon ausführlich berichtet Das könnt Ihr hier lesen: Durch die Westsahara Und über die Sache mit dem EU Milchpulver, das letztendlich durch Palmöl statt Milchfett zur Abholzung der Regenwälder führt, hatten wir ja (hier!) auch schon geschrieben.

Fast alles, was wir hier den ganzen Tag essen, sind billigste europäische Abfallprodukte, die die heimischen Märkte komplett zerstören. Die Milch kommt aus Europa (auch Frischmilch!), das Milchpulver ebenfalls (und schmeckt dank Palmöl nicht nach Milch), die Menschen tragen Second Hand Klamotten aus Europa (die die lokale Textilindustrie zerstören), das Nationalgericht wird aus EU „Agrarmüll“ (Zwiebeln und Huhn) gekocht, selbst das Tomatenmark der Zwiebelsauce ist aus der EU, weil es dort durch Agrarsubventionen mehr Tomaten gibt, als die Europäer essen können! Kein lokaler Viehzüchter, Gemüsebauer, Molkerei oder Textilproduzent kann preislich mithalten, die lokale Wirtschaft wird von der EU komplett zerstört. Und jeder Bissen, den wir hier essen, bleibt uns deswegen fast im Hals stecken…

Während wir hier also Eure Reste futtern, könnt Ihr Euch die neuesten Videos anschauen. Weil wir letzte Woche ein Internetproblem hatten (eins? Dauernd! 🙂 ), kam das „Senegal coastline“ Video etwas verspätet. Wenn Ihr unseren YouTube Kanal abonniert, ist das egal, dann werdet Ihr immer benachrichtigt. Und Jan freut sich über jeden neuen Zuschauer! Nein, wir verdienen kein Geld mit YouTube. Wir sind keine Influencer. Wir arbeiten anders. 🙂 Steht hier: Finanzierung Weltreise 

Der heutige Blogbeitrag ist zugegeben nicht wirklich erlebnisreich. Aber er zeigt genau das, was Langzeitreise auch ist: Enttäuschungen, Planänderungen, „das Beste draus machen“ und längere Reisestopps zum Arbeiten. Wir sitzen nun schon seit fünf Tagen an Laptops unterm Mangobaum und wollen in den nächsten Tagen, wenn alles abgearbeitet ist, weiter gen Süden fahren. Der südliche Teil Senegals, die Casamance, wartet auf uns. Ob wir da endlich Seekühe sehen werden? Wir versuchen es nochmal!

 

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