Ihr kennt uns mittlerweile: langfristiges Planen ist nicht so ganz unser Ding. Als wir Anfang letzter Woche wieder in Georgien zurück waren, wollten wir wieder „zurück auf Null“: zurück an die türkisch-georgische Grenze, an der wir hektisch umgedreht hatten, um den letzten Joker zu ziehen, um unseren VW Bus „Kittymobil“ vor dem kasachischen Zoll zu retten. Hier lest Ihr, was damals war: Wir retten Kittymobil vor dem kasachischen Zoll. Und hier erfahrt Ihr, ob und wie es geklappt hat: Kittymobils langer Weg in die Freiheit. Aber bis wir zurück an der türkischen Grenze waren, hatten wir schon wieder ein paar Spontan-Pläne umgesetzt.

Zurück in Georgien „landeten“ wir im Homestay von Lena aus der Ukraine und ihrem Mann Nestor in einem kleinen Dorf bei Kutaisi. Die beiden haben zig gackernde Hühner, zwei lustige Hunde und vor allem: Ruhe und gute Betten. Nach einer ersten Nach mit 11 Stunden Schlaf entschieden wir, uns bei den beiden noch zwei weitere Nächte auszuschlafen und einiges am PC abzuarbeiten, was während der langen Fahrt durch Russland liegen geblieben war. Lena verwöhnte uns mit ukrainischer Hausmannskost (3x täglich, Widerrede zwecklos) und Nestor brachte uns nach Kutaisi, wo wir unseren Passat „Hans“ und Jans Motorrad „Oskar“ in einer Halle eingelagert hatten.

Auch ein VW Bus. Auch gelb. Aber kein Kittymobil. Dafür cooles Nummernschild: „007“.

Kleiner Schönheitsfehler: der Schlüssel zu Halle wanderte gerade in einer Hosentasche des Besitzers durch die Karpaten, der Ersatzschlüssel lag in Batumi. Bis der Zweitschlüssel per Bus in Kutaisi am Busbahnhof ankam, trafen wir uns mit Jenni und Flo vom „Katastrophenschutzbus„, die ich letztes Jahr in Bulgarien schon kennengelernt hatte und mit denen wir in regem Austausch über Instagram stehen. Wir tranken zusammen Kaffee in ihrem fahrenden Zuhause. Dann rollte der gelbe VW Bus aus Batumi auf den Busbahnhof, der Busfahrer händigte uns den Schlüssel aus und wir konnten Hans und Oskar wieder abholen.

Einen Tag vor unserem Abflug nach Russland hatte ich (Silke) noch erste Erfahrungen mit dem georgischen Gesundheitssystem gesammelt: ich wachte morgens völlig überraschend mit einem dicken Knie auf. Im Ärztehaus in Kutaisi gab’s sofort und ohne Wartezeit nicht nur ein „Gespräch“ (er sprach nur Georgisch) beim Orthopäden, sondern auch ein Ultraschall: Schleimbeutelentzündung! Warum, könne man erst feststellen, wenn das Knie wieder abgeschwollen ist. Dank der Medikamente war es das auch wenige Tage später so, aber da fuhren wir ja Kittymobil quer durch Russland. Jetzt waren wir zurück und ich zeigte dem Arzt erneut mein Knie. Er schickte mich zum MRT. Nach nur 2 Stunden (statt 2 deutschen Monaten) Wartezeit hatte ich die Bilder und die Diagnose: „Bone bruise“ (Knochenprellung) im Oberschenkelknochen. Ich musste nicht lange nachdenken, woher: Als wir in Kappadokien mit dem Ballon geflogen sind, habe ich beim Aussteigen aus dem Korb nicht wie eigentlich vorgesehen die Stufen genommen, sondern bin vom (ziemlich hohen) Rand des Korbes direkt heruntergesprungen. Blöderweise in dem Moment, als ein Windstoß den bereits auf dem Anhänger verzurrten Ballon erfasste und den Anhänger fast zum Kippen brachte, als ich landete. Die Landung war dadurch ziemlich unsanft und schmerzhaft, ich knickte mit sämtlichen Gelenken des rechten Beins um, biss aber die Zähne zusammen und dachte mir nichts dabei. Das rächte sich nun. Also: schonen und entzündungshemmende Medikamente nehmen! Kosten: 110€ für MRT und Arztbesuch zusammen. Zeitaufwand insgesamt: 3,5 Stunden.

Als wir uns nach drei Tagen von Lena und Nestor verabschiedeten, hatten wir das Bedürfnis, nicht direkt zur Grenze zu fahren, sondern nochmal „beim Büffelbaby“ auf der kleinen Farm von Eka und Eldar vorbeizuschauen. Planänderung: statt gen Süden zur Türkei fuhren wir gen Nordwesten „zum Büffelbaby“. Die beiden freuten sich so unglaublich über uns, herzten uns und verwöhnten uns mit allerlei Leckereien aus Büffelmilch und Garten. Ihr erinnert Euch vielleicht? Eldar war derjenige, der die Haselnüsse für Nutella erntet. Davon haben wir hier erzählt.

Jan nutze das Sommerwetter und Eldars Flex, um am Motorrad einen neuen Kettensatz aufzuziehen. Jans Frau war der Meinung, es sei schon lange an der Zeit und manchmal sollten Männer auf ihre Frauen hören, denn das Ritzel hatte Zahnausfall – und mit dem neuen Luftfilter ist plötzlich auch wieder volle Leistung da. Jaja 🙂

Das Wetter war richtig toll: blauer Himmel, Sonnenschein und frisch weiß gezuckerte Bergketten! Während wir in Russland waren, hatte es im Kaukasus den ersten Schnee gegeben und die Berge zogen uns magisch an. Was konnte es Schöneres geben als weißer Schnee vor blauem Himmel und herbstbunten Wäldern! Also nächste Planänderung: auf in die Berge! Wir ließen Oskar „beim Büffelbaby“ stehen und fuhren Richtung Mestia.

Natürlich waren wir vor drei Jahren schon dort (hier könnt Ihr das nachlesen: Im Land der Wehrtürme) und waren nur in die Richtung gefahren, um die Landschaft in tollsten Herbstfarben bei Kaiserwetter zu genießen. Wir mussten daher eigentlich nicht auch noch ins sagenumwobene, UNESCO Weltkulturerbe Ushguli. Das Dorf am Ende einer ewig schlammigen Bergpiste, über die sich Heldengeschichten angeblich waghalsiger Reisender ranken. Das Dorf, das so manchen Reiseführer ziert, weil es besonders viele der für Swanetien typischen Wehrtürme hat. Das Dorf, zu dem man, glaubt man den heldenhaften Reisenden oder den Einheimischen mit Fahrservice, nur mit Allrad im Geländewagen kommt. Stichwort „tischkantentiefe Pfützen“…

Nun ja, kurz vor Mestia war es noch früh am Nachmittag und wir kannten die Strecke. Warum nicht noch „mal eben schnell“ mit Hans nach Ushguli fahren? Hans hat zwar keine Bodenfreiheit wie ein Geländewagen, keinen Allradantrieb und nur billige polnische Sommerreifen statt der unter Overlandern so hoch gelobten „all terrain Reifen“, aber wir wissen ja: der Hans, der kann’s! Also fuhren wir spontan los.

Ja, es war super matschig, schließlich hatte es gerade zwei Wochen nonstop geregnet. Aber da wir ja von vor drei Jahren wussten, dass es nur an wenigen Stellen steil ist und die Schlammpiste sonst moderat von 1500 auf 2100m ansteigt, haben wir uns keine Gedanken gemacht. Die einzigen, die dumm geschaut haben, waren zwei israelische Touristen in ihrem V8 Toyota Landcruiser Mietwagen, die damit so schlecht umgehen konnten, dass an einer Engstelle sogar die Polizei eingreifen musste. Ein Geländewagen bedeutet auf der Strecke also nicht viel. Man muss einfach nur fahren können. Und das kann der Hans.

In Uhsguli angekommen, sah Hans aus wie eines der Hausschweine am Wegesrand, aber er strahlte genauso wie wir, die auch beim zweiten Mal Ushguli es die Schlammschlacht wert fanden. Diesmal wurde ja nur Hans schlammig, letztes Mal waren wir von oben bis unten eingesaut, weil wir auf Motorrädern aus Lentheki angefahren kamen. Jetzt, im Oktober, ist die beste Zeit für die Region. Die Nachttemperaturen fallen zwar unter den Gefrierpunkt, aber das macht die Wälder so herrlich bunt und die Nachsaison bedeutet, dass der Massentourismus daheim auf dem Sofa, beziehungsweise: auf der Arbeit sitzt. Massentourismus in Georgien? Oh ja! Mestia ist in den Sommermonaten hoffnungslos überlaufen und ein Touristenmagnet schlechthin. Es ist ja auch wunderschön in der Region!

In Ushguli drehten wir einfach wieder um und fuhren den ganzen Matsch wieder zurück, denn wir hatten in Mestia ein Zimmer auf einem Hof reserviert, auf dem wir vor drei Jahren schon übernachtet hatten: ganz oben in Mestia, am Ende einer unglaublich steilen Kopfsteinpflasterstraße gelegen mit allerbester Aussicht auf den Ort voller Wehrtürme. Wir hatten den Familienbetrieb damals in der App iOverlander als Übernachtungstipp eingestellt, jedoch hatten andere Reisende einen für die Familie vernichtenden Hinweis ergänzt: nur mit Allradfahrzeug zu erreichen! Hans bewies, dass das Quatsch ist. Die Familie selbst fährt den weltberühmten Geländewagen Toyota… Prius. Schade, dass Ängste mancher Reisender das Geschäft solcher Familienbetriebe be/verhindern!

Wir hatten immer noch Schlafbedürfnis und verbrachten eine lange, herrlich erfrischende Nacht und genossen am Morgen das Frühstück der Familie, das „Hungerprobleme in Afrika lösen könnte“, weil es so reichhaltig ist. Das, was man an Köstlichkeiten vom eigenen Hof (hausgemachte Butter, frische Milch und eigener Käse) nicht schafft, „muss“ man in Brotbeutel als Wegzehrung einpacken. Wahnsinn! Und da saßen wir dann 11km Luftlinie von Russland entfernt in der Sonne, guckten auf schneebedeckte Berge und Wehrtürme und da fiel uns ein: unser Plan war ja eigentlich nicht die russische, sondern die türkische Grenze! Aber so ist das mit uns und den Plänen. Unser Ausflug in die Berge war Seelenbalsam pur!

Aber so langsam müssen wir uns wirklich auf den Weg machen, denn bis Bulgarien sind es doch noch ein paar Meter und es laufen natürlich wieder ein paar Papiere ab: die georgische KFZ-Versicherung von Oskar gilt bis zum 17.10., das temporäre Import Permit von Hans läuft am 4.11. ab. Außerdem steht der Winter vor der Tür. Jan sitzt schließlich auf dem Motorrad und die Motorrad-Winterausrüstung von unserer Hochzeitsreise mit zwei Motorrädern im Winter ans Nordkap (unser Buch EISREISE) haben wir „zufällig“ nicht dabei. Also kurvten wir mit unserem Dreckschwein Hans wieder bergab „zum Büffelbaby“, wo uns Eka nochmal mit Leckereien verwöhnte und wir zu Grillenzirpen bei warmen Temperaturen einschliefen. So vielseitig ist Georgien! Von herbstbunt und Schneegipfeln bis grellgrün, Palmen und Subtropen mit Büffeln in nur 150km!

Ich hatte exakt einen Monat zuvor Lika von der Teefarm versprochen, eine Dauerbackfolie zu besorgen. Die mittlerweile wahrscheinlich weitesten gereiste Dauerbackfolie der Welt: gekauft am Flughafen Dortmund, per Flieger nach Ekaterinburg, mit Mietwagen an die kasachische Grenze, in Kittymobils Küchenschrank bis Helsinki, außen am Rucksack über Tallinn nach Riga und mit dem Flieger nach Kutaisi, Georgien. Die letzten Meter zur Teefarm lag die immer noch unversehrte Pappschachtel im Kofferraum von Hans. Und Lika hat furchtbar lachen müssen, als wir tatsächlich mit der Dauerbackfolie aus Deutschland auftauchten! Versprochen ist halt versprochen. Wir zogen nochmal eine Nacht in das große Weinfass in ihrem Garten, tranken herrlichen Tee und verbrachten einen langen Abend und ein ewiges gemeinsames Frühstück auf ihrer Terrasse, bevor wir uns nachmittags der türkischen Grenze doch endlich näherten und nach Batumi fuhren.

In Batumi hatten wir für 13,50€ ein super Apartment mit zwei Balkonen, riesigem Wohnzimmer und toller Küche ergattert, wo wir drei Nächte blieben, um in Georgien noch letzte Erledigungen abzuhaken und die Reisekasse zu füllen. Das schnelle Reisetempo durch Russland hatte das Arbeiten natürlich unmöglich gemacht, sodass da Nachholbedarf bestand. Leider wird das Reisetempo durch die Türkei auch wieder recht hoch sein, denn man darf dort nur 90 Tage in 180 Tagen verbringen. Im Sommer waren wir schon rund 10 Wochen in der Türkei, sodass uns jetzt nur noch zwei Wochen bleiben, um die Kilometer abzureißen und uns Dinge anzuschauen, die wir für diese Rückfahrt aufgehoben haben. Aber wir haben letztens in 10 Tagen Russland durchquert und es vor zwei Jahren in etwas mehr als zwei Wochen bis China geschafft. Dagegen liegt Bulgarien wirklich „um die Ecke“.

Warum Bulgarien? Weil wir dort beide Fahrzeuge parken können, ohne uns Gedanken darüber machen zu müssen, wann die maximale temporäre Einfuhrdauer (Georgien: 3 Monate, Türkei: 90 Tage, Finnland: 6 Monate,…) wieder abläuft. Für solch Schneckenreisende wie uns sind 90 Tage für ein Land nämlich immer ziemlich stressig. Hans ist ja sowieso Bulgare (und auf einen Freund in Sofia zugelassen) und Oskar stellen wir einfach in den Weinkeller unsrer „Base“, dem Haus, welches wir im April in Bulgarien gekauft haben. (Mehr dazu hier: Wir haben eine Base gekauft!). Und dann, wenn in Finnland das Wetter für Spikereifen passt, sind wir wieder bei Kittymobil. Wann das ist? Weiß der Wettergott. Und bis dahin ist noch viel Zeit. Auf in die Türkei!

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