Als wir uns vom Büffelbaby und den Haselnüssen verabschiedet hatten, fuhren wir gen Meer: Ureki, ein klitzekleines Strandbad südlich von Poti zog uns buchstäblich magnetisch an. Dort sollte es Magnetsand geben, dem heilende Eigenschaften zugesprochen werden.

Wir hatten ein super Last Minute Angebot erwischt: 10€ die Nacht im drei Sterne Hotel mit Balkon in zweiter Reihe am Strand. Seit dem 1.9. ist Nebensaison, weil die Schule wieder begonnen hat. Bei gleichem Strandwetter natürlich, also perfekt für uns. So teilten wir uns den kleinen Ort mit Rentnern und Familien mit Kleinkindern, die am einzigen Sandstrand Georgiens um die Wetter buddelten. Alt wie jung zog dort mit bunten Schäufelchen bewaffnet an den schwarzen Strand. Ja, auch die Rentner!

Die Vorschulkinder buddelten Wassergräben und Burgen, die Großeltern sich selbst ein. Wer alleine am Strand ist, bezahlt Fachkräfte dafür, von ihnen unter einem Sonnenschirm professionell eingegraben zu werden. Das nennt sich dann „Sandtherapie“ und dafür gibt es auch ein Sanatorium in Ureki. Denn der Sand ist magnetisch und soll deshalb „gegen alles“ helfen, hauptsächlich aber Gelenkbeschwerden, weswegen die meisten eingebuddelten Strandbesucher im Rentenalter sind. Der Sand besteht zu einem großen Teil aus Magnetit, einem Mineral, welches magnetisch ist.

Wir sind den gesamten Strand abgewandert, haben aber keine Wirkung bei uns festgestellt. Mag daran liegen, dass wir keine Leiden zu kurieren haben und daran, dass die Intensität der Magnetkraft nicht überall gleich ist. Manchmal haben unsere Handys gesponnen, 100m weiter wieder nicht. Man braucht wohl wirklich die „Buddel-Profis“ für maximalen Heilerfolg. Und, so heißt es, täglich mindestens eine Stunde im Sand an mindestens sieben aufeinanderfolgenden Tagen. Wir waren aber nur zwei Tage dort und können daher nicht aus eigener Erfahrung berichten. Auf jeden Fall hatten wir einen schönen kleinen Strandurlaub in einem Urlaubsörtchen, das uns an unsere Kindheit erinnert hat.

Nach zwei Tagen Strand muss man die Weiterreise langsam angehen lassen. Wir hatten insgesamt 35km zu bewältigen und um das auch gut zu schaffen, mussten wir unterwegs für Eis und Lobiani (Teigfladen mit Bohnen gefüllt) anhalten. Naja, in Wirklichkeit war die Bäckerei, in der wir sonst gefrühstückt hatten geschlossen und wir mussten ohne Frühstück auf die Weiterreise. Unser Ziel war eine Teefarm, auf der wir ein Weinfass als Unterkunft gebucht hatten.

Dort empfing uns Lika, die mit ihrem Mann und ihrer 85-jährigen Mutter Tee-interessierte Gäste empfängt. Die Mutter arbeitete zu Zeiten der UDSSR im Nachbarort in einem Tee- Forschungsinstitut und ihre Familie baut seit Generationen Tee an. Lika tritt das Tee-Erbe ihrer Mutter an und veranstaltet „Tee-Touren“ und „Tee-Workshops“, die auf Interesse stoßen. Während der vier Tage auf ihrer kleinen Farm hat sie zwei Gruppen betreut und uns das Teemachen beigebracht.

Zu Zeiten der Sowjetunion war Georgien ein riesiger Teeproduzent und die Mongolei der größte Abnehmer. Dort habe ich übrigens auch das erste Mal georgischem Tee getrunken, denn in der Mongolei bröckelt man für den Milchtee die Teeblätter aus gepressten „Teebriketts“ in den Topf. Heute gibt es nur noch eine Teefabrik in Georgien, die nur für die Mongolei diese Briketts produziert. Dass der gute georgische Tee dort mit Salz und Milch zubereitet wird, hat unsere Gastgeber geschockt.

Der georgische Tee war zu Sowjetzeiten buchstäblich in aller Munde, nach der Wende wurde aus dem Exportschlager ein Ladenhüter und die meisten georgischen Teeplantagen wurden aufgegeben. Die wenigen Plantagen, die noch existieren, sind klein und werden von Familien bewirtschaftet. Es gibt auch nur noch zwei Teefabriken. Eine Teefabrik aus den 1970er Jahren hat sich auf Biotee und kleine Mengen Premiumtee aus handgezupften ganzen Blättern spezialisiert, die andere, moderne Fabrik, erntet maschinell und hackt die Blätter. Die Fabrik für Biotee ist im Nachbarort, also sind wir dort mal hingefahren.

In Georgien wird drei Mal jährlich Tee geerntet: im Mai, im Juli/August und im Oktober. Jetzt im September standen die Maschinen daher still. Für Schwarztee werden die morgens geernteten Teeblätter auf heißer Luft angetrocknet, sodass sie weich werden. Dann werden die „labberig“ gewordenen Blätter gerollt und auf Gitterblechen ausgebreitet in Fermentationschränke geschoben. Nach 3,5 Stunden ist der Fermentationsprozess abgeschlossen und die gerollten Blätter, die nun dunkelbraun statt grün sind, werden in einem Gebläsetunnel getrocknet.

Die Herstellung von Grüntee ist schneller: die Blätter werden nur gerollt und getrocknet. Fertig! Wir bekamen beide Sorten Biotee zubereitet und erklärt, dass ein guter Schwarztee in einer weißen Tasse einen goldfarbenen Rand hat. Tatsächlich! Nachdem wir in den letzten Jahren in der Türkei, Zentralasien und im Irak mehrere Hektoliter Schwarztee getrunken haben, der nicht nur „schwarz“ heißt, sondern auch so aussieht, war es wirklich großer Genuss, georgischen, goldenen Tee von höchster Güte zu trinken. Der schmeckt fast blumig! Ja, auch dann, wenn die Teeblätter „stundenlang“ in der Kanne herumschwimmen. Angeblich liegt es daran, dass nur ganze Blätter verwendet werden, die Fermentationszeit kurz ist und nur die obersten drei Blattpaare eines Zweigleins verwendet werden und nicht wie bei maschineller Ernte alles verarbeitet wird, was der Maschine vor das Messer oder dem Erntepersonal vor die Schere „läuft“.

Neben der Teefabrik befindet sich eine Brennerei für Edelbrände, zu deren Besichtigung (und Verkostung) wir spontan eingeladen wurden. Eine hochmoderne Anlage, die hauptsächlich für den russischen und chinesischen (!) Markt leckere Obstbrände aus regionaler Ernte brennt. Als wir da waren, wurden gerade Kornelkirschen verarbeitet. Da Tee im Vergleich zu Edelbränden „Fast Food“ ist, also von Ernte bis Genuss nur wenige Stunden vergehen, konnten wir kein Kornelkirschwasser probieren: bis das fertig ist, dauert es mindestens ein Jahr!

Lika ließ uns selbst Tee aus in ihrem Teegarten selbst gepflückten Blättern herstellen, die erstmal ca. 1,5 Tage in einem Körbchen luftig antrocknen gelassen werden. Dann sind sie weich genug, um gerollt zu werden. Man gibt die labberigen Blätter dazu in eine spezielle Holzschale und rollt mit nasser Hand so lange die Blätter hin und her, bis sie zu dünnen grünen Würmchen geworden sind.

Diese „Würmchen“ müssen dann bei idealerweise 23-25°C unter einem feuchten Tuch fermentieren. Bei den Temperaturen im September ist das ideal. Nach etwa zwei Stunden sind die Blätter nicht mehr grün, sondern hellbraun, nach 5-6 Stunden dunkelbraun. Dann ist der Fermentationsprozess abgeschlossen und die Blattröllchen werden zum Trocknen ausgebreitet. Und sind danach zu goldbraunem Tee zum Frühstück aufgegossen ein toller Genuss!

Likas Teefarm ist ein kleines Paradies. Ihr Grundstück grenzt an einen kleinen Fluss, auf dem wir mit einem kleinen Bootchen herumgeschippert sind und an dessen Ufer ein verwunschener Bambuswald wächst. Von unserem Bett im alten Weinfass aus konnten wir direkt auf die Berge schauen, vor denen aber meist Wolken hingen. So, wie es halt in subtropischen Teeanbaugebieten ist.

Likas kleine Teefarm ist eine echte Oase. Man trifft dort andere Reisende und “Workawayer“. Reisende, die unterwegs gegen Unterkunft und Verpflegung arbeiten und hier zum Beispiel den Garten in Ordnung halten, Oma beim Einkochen helfen, die Wäsche machen oder in ihren Berufen mit anpacken. Wir sind vier wunderschöne Tage geblieben, dann mussten wir weiter, beziehungsweise: zurück. Die Teefarm liegt etwa 65km von der türkischen Grenze entfernt und eigentlich waren wir seit fast zwei Wochen auf der Rückfahrt nach Bulgarien. Doch wir drehten um, fuhren zurück nach Osten, nach Kutaisi. Der Abschied fiel schwer, aber vielleicht führen die Ereignisse der letzten Wochen dazu, dass wir im Oktober nochmal bei Lika vorbeischauen. Dann, wenn Teeernte ist und die Khakis im Garten reif sind. Wenn Ihr Euch auch für Tee interessiert: hier ist Likas Teefarm: Komli

Ihr glaubt nicht, wie viel bei uns im Hintergrund an Organisation läuft! Auch auf der Teefarm, denn schließlich gibt es überall bestes Internet. Mit Lika war ich zwei Mal beim Notar, während Jan die Telefonleitungen glühen ließ und ein weiteres Video fertig gemacht hat: Teil zwei unserer Reise durch die Türkei. Viel Spaß beim Anschauen!

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