Als wir nach 2 Tagen Bishkek verließen, hatten wir riesige Erwartungen an das Land. Doch auf den 180km des Tages sahen wir allein 22 (!) Fahrzeuge mit europäischen Kennzeichen. Unser Etappenziel, Kochkor, war vielleicht auch dumm gewählt, denn von dort aus starten viele, viele Touren zum Song Kol See, Pferdetouren und Trekkingtouren. Und dementsprechend entwickelt ist die touristische Infrastruktur des Ortes – und dementsprechend voll war es auch mit Touristen. Kulturschock! Außer in Mestia (Georgien) letztes Jahr haben wir das auf dieser Reise noch nicht so erlebt.

Wir haben auch noch nirgends sonst auf der Welt so weit weg von Europa so viele europäische „overland“ Fahrzeuge gesehen und waren ziemlich geschockt. Ja, Kirgistan ist zur Zeit „in“ und sicherlich schön, aber da das Land nicht so riesig ist, „knubbelt“ es sich doch etwas. Wir werden auf jeden Fall mit den Motorrädern wiederkommen und vielleicht auch auf der Rückreise mit Kittymobil. Dann werden wir aber versuchen, solche „hot spots“ wie Kochkor zu meiden und vielleicht in der „Schultersaison“ unterwegs zu sein.

Wir wählten ein Guesthouse mit Familienanschluss und trotz eigener Küche im eigenen Haus buchten wir mit Frühstück und Abendessen von Oma. Obwohl noch 3 andere „Overlander“ im Hof standen, waren wir mit dieser Wahl allein: man kann als Overlander nicht nur immer in der eigenen Küche kochen – man tut es scheinbar auch! Wir dagegen saßen total gemütlich bei Oma und Opa auf dem Sofa, zwischen uns krabbelten zwei Katzenkinder herum und Oma servierte scharfe Suppe. Später gesellten sich noch zwei deutsche Backpacker dazu und wir verbrachten einen gemütlichen Abend in der Wohnküche, ließen uns von Oma die ersten Wörter Kirgisisch beibringen und hatten so langsam das Gefühl, doch etwas vom Land außerhalb der Fensterscheibe kennen zu lernen. Wir sind immer noch in der Gewöhnungsphase “Overlander mit Auto”…

Das Frühstück mit Oma, Opa, den Backpackern und Katzenkindern fiel genauso gemütlich aus wie das Abendessen und als wir um 10 vom Hof rollten, waren wir die letzten. Dabei sind wir doch diejenigen, die fixe Termine und etwas Stress haben! Der Stress entstand die letzten Tage nicht durch das Kilometerfressen, sondern gleich als wir vor ein paar Tagen Bishkek erreicht hatten, durch eine Hiobsbotschaft: Konrad, mit dem wir durch China reisen wollten, hatte wahrscheinlich einen kleinen Schlaganfall und sein Landrover ist auch noch kaputt!

Wir wussten von gefühlt 1000 anderen Reisenden: wenn so kurz vor der Einreise nach China ein Mitglied aus der Reisegruppe ausfällt, fällt die gesamte Reise ins Wasser. Und das ist, wie wir mittlerweile ganz sicher wissen, eins von den vielen Schauermärchen, die Reisende so erzählen, ohne es wirklich zu wissen. Konrad informierte uns, dass weder er noch andere Gäste der Gruppe die Chinareise antreten würden und er die Reise storniert habe.

Wir waren geschockt: der ganze Aufriss mit dem blöden Ersatzmotor, dem Flug nach Deutschland und 3 Wochen Kilometerfressen im Kittymobil war umsonst? Nein! Nicht mit uns! In den folgenden Tagen (Dienstag bis Freitag) erlebten wir einen nervenzerreißenden Krimi zwischen einem sichtlich angeschlagenen Konrad, der Agentur in China und uns im Kittymobil, die wir konstant weiter gen China fuhren, ohne zu wissen, ob wir wirklich nach China rein fahren würden. Eins war klar: wir mussten so oder so zum verabredeten Datum in Tash Rabat am vereinbarten Treffpunkt sein, denn Konrad hatte unsere Reisepässe mit dem chinesischen Visum jemandem mitgegeben, den wir dort treffen würden.

Nach 4 Tagen Stress und Diskussionen kam am Freitag endlich eine Mail, dass nun angeblich alles geregelt sei. Nun wissen wir auch, dass das mit „wenn einer fehlt, hat die Gruppe ein Problem“ einfach nur ein dummes Märchen unter Overlandern ist, denn das einzige Problem, was durch fehlende Gäste und Fahrzeuge entsteht ist, dass die Kosten für Guide & Co nun nicht mehr auf mehrere Teilnehmer umgelegt werden können und es somit für die verbleibenden Reisenden teurer wird. Die Reise fällt nur dann für alle aus, wenn man ein Gruppenreisevisum beantragt, aber das haben wir nicht und das wird auch keine chinesische Agentur so wollen. Das Leben auf Reisen ist nicht so kompliziert, wie manch Eine/r einem glauben machen möchte!

Zum ersten Mal waren wir so RICHTIG froh, nicht mit den Motorrädern halsbrecherisch hier her gedüst zu sein, denn: ohne Konrad und sein Fahrzeug gäbe es auch kein Fahrzeug für den obligatorischen Guide, ohne den man nicht mit eigenem Fahrzeug in China reisen darf! Und den hätten wir sicherlich nicht 7 Wochen auf dem Motorrad mitschleifen können… Die wechselnden Guides durch China werden im Kittymobil auf der Doppelsitzbank Platz nehmen (müssen). Mir graut es schon davor, aber es ist für uns die einzige Möglichkeit, diese Reise noch zu realisieren und nicht umsonst 11.000km her gerast zu sein. Man kann alles auch positiv sehen: wir dürfen in China eine Privattour genießen (und werden trotzdem allabendliche Gespräche mit Konrad vermissen…). Luxus oder Stress? Wir werden es bald erfahren!

2014 auf der chinesischen Mauer

Ich war schon in China und weiß: es werden ob mit oder ohne Guide im Auto, 7 sehr anstrengende Wochen. Wir haben genug Horrorgeschichten von anderen Reisenden gehört, aber auch ein Schweizer Pärchen getroffen, die nach einem Monat China gleich für einen zweiten Monat wiedergekommen sind. Wir lassen uns positiv darauf ein und sind gespannt! Wir sehen es genau so, wie der Lonely Planet schreibt: „Treat China as an adventure and learning curve, rather than purely as a holiday.“ (Sieh China als Abenteuer und Lernkurve und nicht als Urlaub). Unsere Route sieht, soweit ich die Orte in vielerlei Schreibweise auf der Karte finden konnte, in etwa so aus:

Wir wissen noch nicht, ob und wann – und wenn, wie – wir in China online sein können. Wenn es also eine größere Funkstille gibt, dann ist so lange nichts passiert, bis Ihr in den Nachrichten lest, dass ein gelber Blümchenbus in Tibet vom Berg gefallen ist. Oder so. 🙂

 

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