Auch nach einer weiteren Woche in Guinea-Bissau sind wir immer noch begeistert. Denn wo sonst kann man Schimpansen beim Aufwachen beobachten?

Drei verschiedene “Guinea” allein in Afrika.

Der Cantanhez Nationalpark liegt an der Grenze zu Guinea Conakry. Es gibt allein drei „Guinea“ in Afrika, weswegen es üblich ist, die Hauptstadt dazu zu nennen, auch wenn das Land eigentlich nur „Guinea“ heißt. Wir wissen mittlerweile, dass „Guinea“ ein altes Wort aus einer Tuareg- oder Berbersprache für „Schwarzer Mann“ ist. Und weil es davon hier einige gibt, gibt es auch ein paar Länder in Afrika, die so heißen. Wir reisen derzeit im nördlichsten: Guinea-Bissau.

Wer den Cantanhez Nationalpark besucht, kommt wegen des noch intakten Urwaldes / tropischen Regenwaldes und der Tiere, die darin leben, hauptsächlich Schimpansen, Gazellen und Waldelefanten. Außerdem gibt es noch viele andere Tiere dort, aber wir waren da, um die Schimpansen beim Aufwachen zu beobachten. Um in den Nationalpark zu kommen, muss man 70km Lehmpiste fahren. Für uns purer Fahrspaß, sobald wir die (völlig überladenen) Busse hinter uns gelassen hatten und nur noch unseren eigenen Staub fressen mussten.

Trinkwasser wird hier in Tüten verkauft: man beißt ein Loch rein und nuckelt.

Die Piste wurde immer schmaler und der Wald immer dichter, je näher wir dem Camp des Parks kamen. Über uns ein dichtes Blätterdach, wir fuhren wie durch einen Tunnel. Wären wir Schimpansen, wir würden auch hier wohnen! Im Dorf des Camps wurde gerade gebetet, als wir ankamen. Es war der zweite Tag des Ramadans und das Camp befindet sich im muslimischen Teil des Dorfes. Weil das Land nur zu etwa 45% muslimisch ist, macht Ramadan für uns das Reisen nicht kompliziert. Wenn wir unterwegs bei Muslimen anhalten, um Wassertüten zu kaufen, fragen wir höflich, ob wir vor dem Laden trinken dürfen. Als Reisende dürften wir selbst wenn wir Muslime wären trinken, aber fragen zeigt Respekt und kostet nichts. Wir bekommen dann meist sogar Stühle, Hocker oder eine Bank in den Schatten gestellt, um komfortabler Pause machen zu können. Wir sind übrigens 2019 während des Ramadans im Iran gereist und auch das ging super, wenn man die Regeln kennt und respektiert. Dazu haben wir damals sogar einen eigenen Blogbeitrag verfasst: Reisen im Ramadan

Wir saßen entspannt im Schatten und warteten auf den Manager des Camps, Boubacar. Als er kam, blieben wir einfach mit ihm sitzen und er erzählte von seinen vielen Ideen und Projekten für den Nationalpark und wie er die dort lebenden Menschen darin einbeziehen möchte. Zum Beispiel durch Imkerei. Leider, so seine Erfahrung, seien die Leute nicht motiviert genug, um mitzuarbeiten. Er spricht nicht nur Portugiesisch, sondern auch Französisch und wir unterhielten uns über die Bildung im Land, denn statistisch besucht jedes Kind in Guinea-Bissau nur 3,6 Jahre die Schule und dementsprechend schlecht ist die Bildung. Er erklärte, das Schulgeld betrage rund 8€ pro Kind und Monat. Wir fanden das viel, aber er redete sich fast in Rage als er erklärte, dass er ja sehe, wie oft die Väter in der Bar Bier trinken oder sich mehrmals am Tag außer Haus Tee servieren lassen, statt ihren Kindern die Schule zu ermöglichen. Und wir dachten an gewisse Bevölkerungsgruppen in Deutschland, deren Einkaufswagen auch nur teure Fertiggerichte, Bier und Zigaretten enthält und die dann laut jammern, dass das Geld nicht reiche…

Apropos „Geld“: Nationalparks und Tierbeobachtungen sind in Westafrika extrem günstig und kein Vergleich mit Preisen, die in Süd- und Ostafrika aufgerufen werden. Eintritt in den Cantanhez Nationalpark inklusive „Schimpansen-Schutzgebühr“ kostet hier 15 Euro für einen Monat (in Gambia waren es 6€ pro Tag) und der Guide kostet pro Person und Tag acht Euro. Die Unterkunft im Camp des Parks in komfortablen Hütten mit Privatbad, fließend Wasser und manchmal Strom hat uns rund 20€ gekostet. Dass Nationalparks in Afrika „nur für Millionäre“ seien, ist also nur ein Vorurteil. Oder eine Ausrede derer, die immer Gründe finden, um auf dem Sofa sitzen zu bleiben…

So wachsen Cashewnüsse! Oben der “Apfel”, unten dran die Nuss in harter Schale.

Wir bezogen unsere Rundhütte und warteten darauf, dass der für den nächsten Morgen bestellte Guide nach Sonnenuntergang vorbeikam, um uns zu erklären, wo die Schimpansen ihre Schlafnester gebaut haben. Der Guide kam, erklärte jedoch, er habe die Nester nicht finden können, wisse aber, wo ungefähr die Schlafplätze seien, denn er habe die Tiere gehört. Boubacar erklärte uns noch, dass derzeit ja die Cashewfrüchte reif seien und die Schimpansen daher immer in der Nähe der Obstgärten schlafen, um dann Cashewäpfel zu frühstücken. Cashewnüsse wachsen übrigens auf den Früchten, die hier „Äpfel“ genannt werden. Derzeit ist Erntezeit und die Bäume hängen voll. Die Nüsse werden hauptsächlich exportiert, Guinea-Bissau ist der sechstgrößte Produzent von Cashews weltweit. Überall sieht man Nüsse in der Sonne trocknen und Früchte haufenweise verrotten. Wie wir nun wissen: nur in muslimischen Regionen, denn der hohe Zuckergehalt der Früchte führt in Kombination mit dem heißen Wetter zu einer schnellen Gärung und Alkohol ist für Muslime ein Tabu. In christlichen Regionen kann man das Obst eimerweise am Straßenrand kaufen, welches zu Saft, Most oder Obstbrand weiterverarbeitet wird. Man kann daraus auch (ähnlich Sellerieschnitzel) vegetarische Schnitzel machen.

Einer von vielen Termitenhügeln

Wir liefen um sieben Uhr mit dem Guide los. Quer“wald“ein durch den Urwald, durch Cashew-Obstgärten, über Lichtungen mit meterhohem Schilf, vorbei an Urwaldriesen, Termitenhügeln und mitten durchs Gestrüpp. Wir sahen aus wie die Krieger: zerkratzte Arme und die Klamotten voll Pflanzenteile, völlig verschwitzt und die Haare voll Blätter. Immer wieder hörten wir die Schimpansen, nie sahen wir sie. Immer wieder deutete der Guide uns, dass wir schleichen und lautlos durch den Urwald kriechen sollten, doch wenn drei Erwachsene hintereinander über trockenes Laub und darunter verborgenes trockenes Holz laufen, ist das unmöglich. Wir gaben uns allesamt Mühe, doch waren die Schimpansen immer schneller von Baum zu Baum weg gehüpft, bis wir uns mehr oder weniger lautlos an sie herangeschlichen hatten. Nach drei Stunden Suche und 8km Waldlauf kamen wir zurück zum Camp. Der Guide wollte uns am Nachmittag nochmal abholen, um uns Vögel zu zeigen, aber wir stehen mehr auf Pelztiere und lehnten ab. Wir baten ihn, zu Sonnenuntergang nochmal nach den Schlafnestern der Schimpansen zu suchen.

Eine Brettwurzel wie im Lehrbuch

Der „Waldlauf“ mag für Neulinge sicherlich abenteuerlich gewesen sein, doch da der Guide nichts zeigte, nichts erklärte und auch sonst wenig sprach, hätten Urwald-Einsteiger nichts davon gehabt. Ich habe im Studium und mehreren Praktika den tropischen Regenwald ziemlich intensiv kennengelernt und darin gearbeitet (unter anderem in Äthiopien im Biodiversity Conservation Institute), sodass es für mich einfach nur „ein Urwald wie jeder andere“ war. Doch das konnte ja keiner wissen. Auch für Jan sind Urwaldriesen nichts Neues, wir waren nur wegen der Schimpansen da.

Nach dem Abendessen (leckeres Rind in scharfer Sauce) sprachen wir mit Boubacar, der völlig entsetzt war, dass wir so einen Marsch hinter uns gebracht hatten ohne Tiere zu sehen. Er zitierte den Guide zu sich und der behauptete wieder, nach den Schlafnestern gesucht, sie aber nicht gefunden zu haben. Zufällig kam der Nachbar des Guides vorbei und erklärte, dass er weder am Vortag noch an diesem Tag den Guide habe auf die Suche gehen sehen und da sie sich immer dabei träfen, sei er sicher, dass der Guide wegen einer Verletzung (er hatte sich die Wade am Motorrad verbrannt) nie auf Suche gegangen sei. Der Eklat im Dorf war perfekt, der Guide gefeuert und jeder wusste, dass wir keine Schimpansen gesehen hatten. Boubacar erklärte, im Nationalpark arbeiten (nun: arbeiteten!) drei Guides. Einer war jetzt gefeuert, der andere derzeit verreist und der dritte wurde mir am Telefon gereicht. Er sollte mir erklären, warum wir auch am nächsten Tag keine Schimpansen sehen würden, wenn wir nochmal losliefen: es war schon weit nach Sonnenuntergang und daher natürlich unmöglich, im Dunkeln noch Schlafnester zu finden. Plötzlich tauchte ein Mann auf. Er sei aus dem Nachbardorf, habe von uns gehört und wisse, wo diese Nacht ein paar Schimpansen schlafen. Er könne es uns am nächsten Morgen zeigen.

So stapften wir um 6 Uhr früh mit einem Ziehsohn Boubacars unter dem glitzernden Sternenhimmel überm Blätterdach zum nächsten Dorf, das nicht an die Straße angeschlossen ist, nur zu Fuß über Pfade erreicht werden kann und auf keiner Karte eingezeichnet ist. Dort wartete der Mann auf uns und führte uns im Dunkeln auf eine Lichtung, wo wir leise auf den Sonnenaufgang warteten. Und tatsächlich: kaum dass die Sonne kam, die Vögel ihr Morgenkonzert starteten und der Urwald zu Leben erwachte, kletterten zwei Schimpansen aus ihren Schlafnestern gekrabbelt. Einer hatte in einem Urwaldriesen geschlafen, der andere in einer hohen Palme. So flink wie sie herunterkletterten, so lahm waren wir mit dem Fotografieren. Und Schwupps waren sie weg, auf dem Weg zum Frühstück. Der Dorfbewohner wusste, in welchem Cashew-Obstgarten die Tiere am Vortrag gefrühstückt hatten und dort saßen wir dann alle auf einem Ast und warteten. Kein Schimpanse kam zum Frühstück. Also liefen wir in einen anderen Cashew-Obstgarten und warteten dort nochmal. Außer Colobus Affen und süßen Hörnchen kam leider auch dort niemand zum Frühstück. Aber wir waren zufrieden. Wir hatten zwei Schimpansen gesehen. Scheint bei uns die magische Zahl zu sein: ein Schimpanse pro Person, zwei Versuche. Wie in Gambia, als wir im Gambia River National Park auch beim ersten Versuch keine Schimpansen und beim zweiten Versuch gleich zwei gesehen hatten.

Wir packten unsere sieben Sachen und düsten über die schönen Urwaldpisten wieder zurück „in die Zivilisation“, wobei das relativ ist. Wir hatten immer besten Internetempfang (und das in echter 3G Qualität!), nur einfach keinen Strom. Gekocht wird in den Dörfern auf Holzfeuern vor dem Haus und man hört den ganzen Tag die Frauen in ihren großen Holzmörsern Reis stampfen, um ihn zu schälen. Reis ist ein Grundnahrungsmittel in Guinea-Bissau. Eigentlich wird der hier auch angebaut, aber mittlerweile wird der heimische Reis von Billigimporten minderwertigem Reis aus Pakistan ersetzt. Leider.

Der Weg vom Nationalpark nach Bissau war uns zu weit für einen Fahrtag, also machten wir Zwischenstopp in Buba, wo uns eine rumänische Dame in ihrer wunderschönen Unterkunft direkt am Fluss begrüßte. Wir hatten Glück: bis auf zwei Zimmer war sie komplett ausgebucht. Wir aßen im einzigen Restaurant des Dorfes und hatten Mühe, zu schlafen, denn der Tag war unglaublich heiß (Jans Thermometer zeigte 50 Grad, meins 48!) und die Hitze des Tages glühte über Nacht aus den Mauern und trotzdem wir mit offener Tür schliefen, kühlte es nur schlecht ab. Erst am Morgen wurde es angenehm, als ich im Nachthemd bei Ebbe in den Mangroven herumstapfte und bei Sonnenaufgang die kleinen Krebse dabei beobachtete, wie sie vor meinen Schritten in Löcher im Schlick flüchteten.

Beim Frühstück sahen wir, wie voll die rumänische Unterkunft war: wir wurden behelfsmäßig auf Gartenmöbeln platziert, weil es im Frühstücksraum zu wenig Mobiliar für all die (hauptsächlich portugiesischen) Gäste gab. Ein Teil der Gäste war eine große Reisegruppe, die anderen Gäste waren Mitarbeiter von Unicef, die schon während dem Frühstück Telefonkonferenzen abhielten. Und wir beide unterhielten uns darüber, dass wir das Land so genießen, weil uns trotz der großen Armut kein Mensch anbettelt und wir uns nur in Anwesenheit anderer Reisender / Touristen unsicher fühlen, denn unserer Erfahrung nach wird in Europa geklaut, nicht in Afrika. Wie wahr! Denn draußen stellten wir kurz darauf fest: jemand hatte unser Gepäck durchwühlt!

Wenn wir hinter verschlossenen Türen parken (wie bei der Rumänin), nehmen wir nur die Packsäcke mit aufs Zimmer, da wir den Inhalt der Satteltaschen selten brauchen. Darin ist unser Essen und Kochzeug, unsere Steppdecke, warme Kleidung von der Anreise, Isomatten und Klapphocker, Campingausrüstung und Ersatzteilkram samt Werkzeug. Nichts von wirklich großem Wert, aber einfach nahezu unmöglich, unterwegs zu beschaffen. Die Taschen waren geöffnet und durchwühlt worden und es fehlte: ein Silikon-Ziplock Beutel und einer war zerrissen. Ich redete mit der Rumänin und sie sprach sofort unsere Gedanken vom Frühstückstisch aus: andere Gäste. Sie hatte „volles Haus“ und damit die ganze Nacht „Leben im Garten“. Für ihren Wächter lege sie ihre Hand ins Feuer, der gehöre seit Jahren zur Familie und sie sei (wie wir auch) ganz sicher, dass nachts niemand in das gut gesicherte Grundstück eingestiegen ist. Aber für einen Afrikaner ist es im Dunkeln schwer zu erkennen, ob der weiße Mann, der am Gepäck wühlt, derjenige ist, dem das Gepäck gehört oder ein anderer. Für uns Weiße ist das umgekehrt auch schwer. Tja, komisch, dass die Rumänin und wir unabhängig voneinander Europäern weniger Vertrauen schenken als Afrikanern! Liegt wohl daran, dass wir alle drei schon unsere Erfahrungen in Europa und mit Europäern gemacht haben… Wir sind ja nun seit über 5 Jahren in lauter „gefährlichen Ländern“ unterwegs, doch passiert ist uns nie etwas. Wir haben Auto, Motorräder und VW-Bus immer mit gutem Gefühl überall geparkt, unseren Passat können wir nicht Mal richtig abschließen und doch ist uns nie in all den „gefährlichen Ländern“ etwas geklaut worden. Außer in Deutschland. Da ist der VW-Bus aufgebrochen und durchwühlt und unsere Garage komplett ausgeräumt worden. Und in Spanien, wo meine Kamera geklaut wurde. Für uns ist es also in Westeuropa unangenehm und wir fühlen uns dort nicht wirklich sicher.

Wir nahmen die letzten 224km nach Bissau in Angriff. Wir kannten die 60km üble Piste mit tiefen Löchern mit scharfen Kanten und richtig viel Verkehr ja schon, aber hatten diesmal richtig Spaß. Wir nahmen es sportlich, ließen unsere Fahrwerke ihren guten Job machen und flogen nur so dahin, überholten Busse, LKW und Autos im dichten Staub und vertrauten auf Fahrkönnen und Fahrwerk, wenn wir nicht mehr sahen, wohin wir fuhren. Wie früher auf Rallye: Gas ist rechts. Wir kamen mit vor Fahrfreude platzenden Herzen in der Hauptstadt an.

40 Jahre alt, Plastikkoffer, kleiner Tank und Straßenreifen: geht auch!

Die Unterkunft war unser erstes Hostel seit Marokko und wir freuten uns darauf, andere Reisende zu treffen, mit denen wir teilweise schon seit Monaten per Facebook oder WhatsApp in Kontakt waren. Wir wurden nicht enttäuscht. Die rassistischen, Drogen konsumierenden Spinner voll Vorurteile und negativer, hausgemachter Erfahrungen scheinen alle im Senegal umgedreht zu haben, wir trafen abenteuerlustige, freigeistige und tolerante Menschen voll Spaß an Afrika und ohne dumme Vorurteile und blöde rassistische Sprüche. Zwei dänische Segler, ein Uruguayer mit einen uralten Toyota, zwei Britinnen auf großer Tour und ein paar Zweirad-Reisende. Das tat gut! Außerdem waren die Reisefahrzeuge sehr sympathisch: keine mehrere tausend Euro teure Expeditionsmobile oder hoch aufgerüstete Adventurebikes, sondern absolut Low Budget: ein Deutscher mit einer 40 Jahre alten Honda FT500 und Plastikkoffern, ein Däne aus Spanien mir einer CBR250 gleichen Alters und ein deutsch-britisches Pärchen auf einem Roller, den sie spontan für ein paar “Mark” in Dakar gekauft hatten und damit nun zu zweit (!) durch Westafrika düsen.

Der Reise-Roller. Damit sind zwei Erwachsene mit Gepäck unterwegs.

Wir, die wir uns bisher unter Reisenden mit unseren 500 und 300 Kubikmotoren als “aussätzige Zwerge” vorkamen und auch so behandelt wurden (“Könnt Ihr mit den Dingern auch 100km/h schnell fahren?” Ja, können wir, aber warum sollten wir das hier?), waren plötzlich ganz normal und nicht die Exoten. Und wisst Ihr was? Alle sind hier angekommen, alle haben Spaß an der Reise, keiner jammert, keiner möchte einen “fetten Reisebomber”, jeder investiert Geld lieber in die Reise statt ins teure Fahrzeug. Die CBR hatte ein kaputtes Blinker Relais, die FT schwitzt etwas Öl, am Roller klappert die Plastikverkleidung. Alle drei, ganz unabhängig voneinander, bewiesen damit, dass es nicht wichtig ist, mit welchem Fahrzeug man unterwegs ist. Wer reisen möchte, tut es einfach. Wer will, der kann! Auch ohne Expeditionsfahrzeug, ohne großes Startbudget, aber mit extrem viel Toleranz und Spaß.

Außerdem gibt’s in Bissau (Luxus einer Hauptstadt) tatsächlich eine portugiesische Konditorei mit Pasteis de Nata und richtigem Kaffee, was auch gut tut, nachdem wir wieder fast zwei Monate ohne Bohnenkaffe unterwegs waren. Wir hatten unser Zimmer im Hostel über WhatsApp reserviert und per Paypal bezahlt und als wir ankamen erfuhren wir: man hatte uns auch so erwartet: „Mr. Carlos“ hatte mehrmals angerufen und sichergestellt, dass wir Unterkunft bekommen. Carlos ist ein Freund von Andreas, Jans Bekannten aus Köln, den wir ja zwei Mal in Gambia getroffen haben. Carlos ist ein früherer portugiesischer Nationalspieler im Basketball, später für Köln unter Vertrag spielender Riese mit ebenso riesigem Herz. Nach seiner Sportkarriere wurde er Künstler und spielte am Theater Köln und Düsseldorf und ging mit Weltmusik auf Europatournee. Seit einigen Jahren ist er zurück in Guinea-Bissau und hat auf dem Grundstück seiner Eltern eine Schule gegründet, die über eine deutsche Stiftung finanziert wird.

Zitronensuppe mit Krebsfleisch. Unglaublich lecker!

Carlos lud uns zu sich nach Hause ein und seine Frau kochte. Es gab die afrikanische Variante der bulgarischen Tsatsa: mit Kopf im Ganzen frittierte kleine Fische als knuspriger Snack, danach riesige Tiger Prawns und zum Schluss eine unglaublich leckere, leicht scharfe Zitronensuppe mit gestampftem Reis und Krebsfleisch. Dazu interessante Gespräche mit Carlos über das Leben und die Politik in Guinea-Bissau. Wir erfuhren auch, warum hier niemand bettelt: in Guinea-Bissau ist es schlichtweg verboten, Kinder zum Betteln zu missbrauchen, wie es insbesondere im Senegal von den Koranschulen schon mit den Allerkleinsten zwangsweise praktiziert wird. Die Bettelkinder dort heißen “Talibés” und Ihr könnt hier darüber lesen: Das Leid der Talibés Hier ist das verboten, obwohl der Präsident selbst Muslim ist. Noch ein Sympathiepunkt für dieses Land, in das wir weiterhin schwer verliebt sind! Es wurde spät und das Aufstehen fiel am nächsten Morgen schwer, aber wir hatten noch einiges abzuarbeiten, bevor wir auf Kreuzfahrt gehen. Doch dazu später.

Ein großes Fragezeichen ist bei uns nämlich: Wo lassen wir während der Regenzeit die Motorräder? Wo können wir sicher parken und wo erlauben uns das die Zollvorschriften, ohne hinterher Zollstrafen und Zölle zahlen zu müssen? Beim Zollamt in Bissau wusste keiner eine verlässliche Antwort und Carlos telefonierte für uns herum. So, wie es derzeit aussieht, können Fahrzeuge so lange im Land bleiben, wie das Carnet de Passage gültig ist. Das wäre bei uns bis zum 15.12.2023 und somit bis weit über das Ende der Regenzeit hinaus. Schriftlich gab’s das aber nicht. Und: wollen wir eigentlich die Motorräder schon in Guinea Bissau parken oder doch besser erst in Guinea Conakry?

An einem anderen Tag lud uns Carlos zum BBQ ein. Es gab gegrillte Austern. Die werden eigentlich nur in Frankreich (und Edel-Restaurants) bei lebendigem Leib geschlürft, der Rest der Welt isst Austern gegart. Hier werden sie frisch in der Schale auf den Grill gelegt und in scharfe Zitronensauce getunkt geschlemmt. Unglaublich lecker! Auch, wenn das Aufknacken der Muschelschalen manchmal nicht wirklich einfach war: die Mühe wird geschmacklich belohnt! Hier wachsen die Austern in den Mangroven und kommen frisch auf den Grill. Besser geht’s nicht!

Wir fuhren zusammen zur Schule, die Carlos mit Hilfe der von ihm gegründeten Deutsch-Guineischen Gesellschaft e.V. gebaut hat und betreibt. Es gibt dort eine Grund- und Oberschule bis zur 9. Klasse inmitten von Cashewbäumen, denn das Grundstück für die Schule wurde von Carlos’ Vater aus einer Cashewplantage zur Verfügung gestellt. Die Lehrer werden vom Staat bezahlt, aber der Unterhalt wird von Deutschland finanziert. Die Kinder müssen zwar (reduziertes) Schulgeld bezahlen, aber das reicht nur gerade so, um Verbrauchsmaterialien zu besorgen. Die Erweiterung der Schulgebäude, die Instandhaltung und zusätzliche Ausbildung der Lehrer wird aus Spenden finanziert. Schaut mal hier, wenn Ihr das unterstützen möchtet: Eine Schule für Bissau

Carlos’ Frau ist eine Göttin am Herd. Das Essen im Land ist köstlich!

Während Ihr das hier lest, sind wir auf kleiner Kreuzfahrt und schippern wir durch ein UNESCO Biosphärenreservat: die Bijagos Inseln. Wir freuen uns schon sehr darauf! Eine Woche durch zwei Nationalparks von Insel zu Insel mit einem kleinen Boot und zwei portugiesischen Familien. Insgesamt sind wir acht Passagiere und werden an Bord der „African Princess“ sieben Tage Natur pur erleben. Für uns wird es Urlaub sein. Eine Woche lang nichts planen müssen. Nicht überlegen, wo man etwas frühstückt oder wo es Frühstückszutaten gibt. Keine Route planen, keine Ausflugsziele heraussuchen, sich weder um Mittag- noch Abendessen kümmern zu müssen und jeden Morgen schon wissen, wo man abends schläft: in derselben Kajüte, in der man gerade aufgewacht ist. Eine Woche die Organisation komplett an andere übergeben, eine Woche andere den Job machen lassen, den wir hier Tag für Tag abarbeiten. Reisen ist kein Urlaub. Reisen ist anstrengend und wir brauchen gerade wirklich etwas Urlaub. Wir sind Anfang Oktober, vor sechs Monaten, nach Afrika aufgebrochen und waren seitdem nie länger als eine Woche an einem Ort. Die kurzen Visa und Aufenthaltsgenehmigungen, die großen Distanzen und die immer näher rückende Regenzeit sitzen uns immer mit Druck im Nacken, denn wir wollen die Länder intensiv bereisen, wirklich kennenlernen und nicht nur durchqueren.

Dazu kommt noch, dass wir in den letzten Wochen sehr viel Zeit am Laptop verbracht haben, denn auch arbeitstechnisch lief es nicht gerade rund und das war belastend stressig. Unser Alltag besteht ja nicht nur aus Reise, sondern auch aus Bildschirmarbeit und was sonst mit Spaß „nebenher“ lief, entwickelte sich leider ein paar Wochen lang zu einer Belastung. Auch das trug dazu bei, in uns das Gefühl von „urlaubsreif“ hervorzurufen. Und jetzt findet dieser Urlaub statt, den wir schon lange im Voraus gebucht hatten. Wie man das so mit Urlaubsreisen macht…

Eine Woche buchstäblich die Füße hochlegen, denn wir sind beide „angeschlagen“: Jan wurde im Nationalpark von einem Insekt gestochen und hat seitdem einen vor allergischer Reaktion dick geschwollenen „Klumpfuß“ (ja, er nimmt schon Antihistaminikum dagegen!), ich bin vor zwei Monaten von einem Pferdekarren umgerannt worden und habe mir den Fuß verknackst, der sich bis heute noch mit der Zerrung meldet. Außerdem sind meine Schuhe durchgelaufen und an der Ferse aufgebrochen. Die Fersenkappe aus Plastik hat sich durch das Obermaterial und während der Waldläufe auf der Suche nach Schimpansen in meine Ferse gearbeitet, sodass eine Woche barfuß auch hilft, die offenen Fersen zu heilen. Es ist also aus vielerlei Gründen wirklich Zeit für eine Pause.

Und wenn wir an Karfreitag von Bord gehen, müssen wir eine Entscheidung treffen: so schnell wie möglich ins Nachbarland Guinea Conakry weiterreisen und uns dort um die Einlagerung von Motorrädern und Gepäck kümmern oder in Guinea Bissau bleiben. Oder nach Conakry fahren und wieder nach Bissau zurück kommen? Unser Visum für Guinea Conakry müssen wir bis spätestens Ende April angetreten haben, für Guinea Bissau haben wir ein super Visum mit Aufenthalt bis Mitte Juni ergattert. Aber wie ist das mit Zoll? Wo dürfen wir während der Regenzeit überhaupt parken, ohne Zollstrafen zu zahlen? Was macht das Wetter? In Sierra Leone hat die Regenzeit schon begonnen. Rückt sie während unseres Aufenthaltes auf dem Schiff weiter gen Norden, könnte uns das Wetter die Entscheidung abnehmen. Und dann: wohin? Doch erstmal Urlaub. Eine Woche abschalten. Eine Woche Erholung vom Reisen und solchen Dauerthemen.

Während wir mal entspannen und die Seele baumeln lassen, sind wir wahrscheinlich die meiste Zeit offline. Ihr könnt das neueste Video als Abonnenten unseres YouTube Kanals jedes Wochenende schauen, denn das hier verlinkte Video ist immer das der Vorwoche. Schaut doch mal bei YouTube vorbei, Jan würde das sehr freuen!

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