Aufgrund des vielen Packeises konnten wir unsere Reise nicht wie geplant in den Süden Grönlands, in den Tasermiut Fjord, fortsetzen. Wir waren in Narsaq „gestrandet“ und hatten entschieden, nicht mit der Gruppe den schnell geschmiedeten „Plan B“ zu einer Karibufarm anzutreten, sondern die Situation im Hostel abzuwarten. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war, dass Jan mit Fieber im Bett lag und ich durch meine Spanischkenntnisse Gespräche der Agentur mitbekommen habe und mir dadurch zusätzliche Informationen vorlagen, die diesen „Plan B“ als „Abschiebung“ entlarvt hatte.

Während die Gruppe zu den nicht vorhandenen Karibus fuhr und es draußen schüttete, verschlief Jan den Tag und ich schmökerte einen Krimi nach dem anderen, während ich weiter mit halbem Ohr mithörte, was auf Spanisch gesprochen wurde: das Hostel in unserer ursprünglich geplanten nächsten Destination, Qaqortoq, konnte nach dem Winter nicht wieder in Betrieb genommen werden, weil die Heizung kaputt war und es einen Wasserschaden gab. Da wir die erste Gruppe des Jahres waren, die dort hätte untergebracht werden sollte, versuchte man, unsere Ankunft irgendwie hinauszuzögern, bis die Reparatur geglückt ist. Spoiler: Handwerker sind in Grönland noch schwieriger zu bekommen als in Deutschland.

Am zweiten Tag ohne die Gruppe schüttete es immer noch, aber Jan ging es besser und wir lernten beim Frühstück eine Österreicherin kennen, die zum Workaway zu genau der Karibufarm fuhr, auf die unsere Gruppe abgeschoben worden war. Während wir uns mit ihr unterhielten, bekamen wir die Nachricht, dass unsere Gruppe „leider“ keine zwei, sondern drei Nächte auf der Farm campen müsse, weil das Wetter so schlecht sei, dass niemand mit dem Boot rausfahren könne. Niemand. Ah ja. Bloß dass die Österreicherin exakt an dem Tag, an dem angeblich niemand Boot fahren konnte, von der Tochter des Karibufarmers mit dem Boot abgeholt wurde und die Fähre nach Qaqortoq auch wie die Tage zuvor planmäßig fuhr. Abends traf eine weitere Reisegruppe ein, die aufgrund von verschobenen Flügen untergebracht werden musste. Unsere Gruppe wurde deswegen eine weitere Nacht in der Ferne „geparkt“. Offiziell natürlich wegen Wetter.

Weil es Jan besser ging, spazierten wir zum niedlichen Museum des Städtchens und ließen uns von der Archäologie-Studentin dort alles zeigen und erklären. Sie schloss uns auch das Grassodenhaus auf und nachdem wir alles gesehen hatten, schickte sie uns zu ihrem Chef, dem Museumsdirektor, der sich sicherlich über unseren Besuch freuen würde. Der Chef hieß Jesper und hatte gerade frisch Kaffee gekocht. Seine Eltern waren gerade aus Dänemark zu Besuch in Grönland und tauchten bald mit frisch gebackenem Kuchen auf. Der Museumsbesuch wurde zu einem gemütlichen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen und interessanten Gesprächen über Grönland. Jesper lud uns ein, am nächsten Morgen wiederzukommen.

Der Regen hatte aufgehört (es war der Tag, an dem das Wetter zu schlecht zum Bootfahren war) und es gab sogar erste Sonnenstrahlen, als wir am Jagdhafen auf der Bank saßen und den Möwen zusahen, wie sie tote Robben, denen man das Fell über die Ohren gezogen hatte, im Eiswasser zerpflückten. Manche Robben lagen auch zur Kühlung im Eiswasser, denn nicht jeder Robbenjäger hat einen Kühlschrank, der groß genug ist für eine Robbe. Ja, in Grönland werden noch Robben gejagt. Das war schon immer so und ist heute nicht anders. Das kann man gut oder schlecht finden, sollte das aber nicht verurteilen. Denn Robbenfleisch ist fest in der Tradition der Grönländer verankert. Ihnen das zu verbieten wäre wie wenn Grönländer den Deutschen den Rehbraten verbieten würden.

Weil Robben und auch Wale (selbes Thema) auf Grönland gejagt werden, kann man nur dort diese Tiere sehen, wo sie sich sicher fühlen. Entweder da, wo nicht viel gejagt wird oder da, wo der Tourismus dazu geführt hat, dass die Bevölkerung die simple Rechenaufgabe „ein lebender Wal bringt mehr Geld von Touristen als ein toter Wal jemals an Fleisch“ gelöst hat. In der Region, in der wir auf Grönland unterwegs waren, gehören Robbenjagd und Walfang zum Alltag, also sahen wir nur tote Tiere und deren Produkte.

Abends bekamen wir ausgerichtet, die Gruppe könne uns zu einer Wanderung auf der benachbarten Insel abholen, doch wir waren ja schon mit Jesper verabredet und wollten die Wanderung, die für den überstürzten Abreisetag geplant war, alleine nachholen und nicht irgendeine Ersatzwanderung laufen, die vielleicht nur geplant war, um die Gruppe so lange vom Hostel fernzuhalten, bis die andere Gruppe abgereist war. Wer weiß, was da alles im Hintergrund lief! Wir schwätzten jedenfalls weiter mit Jesper und liefen mit ihm zum Haus des ersten Pfarrers von Narsaq.

Das Haus ist heute Hausmuseum und beschreibt das Leben des Geistlichen, der mitverantwortlich dafür war, dass Bibel, Gesangbuch und Liturgie heute in geschriebenem Grönländisch verfügbar sind. Auf Fotos konnten wir sehen, wie früher auch Eisbären gejagt wurden und lernten viel über das Leben damals und heute auf Grönland. Apropos Eisbären: die Einheimischen berichteten von diversen Sichtungen in der Umgebung unserer Reiseroute…

Wir verabschiedeten uns von Jesper und brachen zur Wanderung auf. Wir sollten an Ruinen einer ehemaligen Wikingersiedlung vorbeikommen. Wir fanden einen Haufen Steine und ein Hinweisschild. Das war alles. Aber die Sonne schien endlich wieder, die Landschaft war schön, es gab Blümchen überall, in den Bächen Fische und hier und da auch ein paar Mücken und am Ende des Tages saßen wir glücklich und zufrieden Lakritzeis schleckend wieder am Jagdhafen bei den toten Robben und beobachteten das Treiben.

Spät am Abend traf unsere Gruppe wieder ein. Die Hälfte war zufrieden mit den vergangenen drei Tagen, die andere Hälfte (alle, die Spanisch sprachen), fühlten sich in Abschiebehaft und beneideten uns um unsere Entscheidung. Wir waren nicht dabei und wissen nicht, wie es wirklich war. Wir jedenfalls hatten drei Tage Zeit, ohne straff getaktetes Reiseprogramm den Ort, seine Menschen und das Land näher kennenzulernen, als wir es jemals mit der Reisegruppe gekonnt hätten. Diese drei Tage waren für uns ein kleines Stück unserer eigenen Art zu reisen: lange an einem Ort bleiben, um anzukommen, und uns in das Land hineinzuleben, statt durchzurasen. Aber uns ist bewusst, dass das nur unser Reisestil ist, der in einer Gruppenreise, ohne die wir nicht dort gewesen wären, unmöglich ist.

Am nächsten Tag seien die Wetterverhältnisse endlich so, dass wir nach Qaqortoq weiterfahren konnten, bekam die Gruppe erzählt. Dass wir wussten, dass die Fähre und sämtliche Fischerboote täglich gefahren sind und der wahre Grund das nicht in Betrieb gegangene Hostel war, machte es nicht besser. Wir düsten los. Unser neuer Bootsmann stand genauso auf Speed wie wir beide und düste in Schräglage zwischen den vielen Eisbergen und Eisschollen herum. Wir hatten richtig Spaß, obwohl es teilweise sehr neblig war und man von der Landschaft wenig gesehen hat.

In Qaqortoq hieß es, wir würden in eine „tolle Unterkunft“ kommen. Letztendlich war sie eher „außergewöhnlich“ als „toll“: am Stadtrand in direkter Nachbarschaft zum sozialen Wohnungsbau und gegenüber einer Ruine wurden wir im Studentenwohnheim in Einzelzimmern untergebracht. Es gab nichtmal Bettbezüge, obwohl der Veranstalter ja im selben Ort ein eigenes, unbewohnbares Hostel hat, aus dem man zumindest Bettlaken hätte holen können.

Durch das ganze Chaos hatten wir aber auch Glück: die internationalen Meisterschaften im traditionellen Kajakfahren fanden im Hafenbecken von Qaqortoq statt! Weil es wieder regnete und nur 3°C kalt war, bezogen Jan und ich, einmal komplett durchgefroren, einen Premiumplatz im Café des Viersternehotels des Ortes und hatten vom warmen, trockenen Fensterplatz Logenplätze auf den Wettkampf.

Die Meisterschaft wird mit traditionellen Canvas-Kajaks in traditionellen mit Robben- oder Walfett („Blubber“) gefetteten Leder-Parkas und mit traditionellen schmalen Holzpaddeln in verschiedenen Disziplinen ausgetragen. An dem Tag waren „Eskimorollen“ dran. Uns war nicht bewusst, wie viele verschiedene Varianten es davon gibt! Paddel vorne, hinten, seitlich, Körper vorne oder hinten, links und rechts herum,…

Auch „mit dem Kopf unter Wasser verkehrt herum paddeln“ wurde verlangt und wir waren beeindruckt, wie weit manche Teilnehmer blind kopfüber durchs (abgesperrte) Hafenbecken paddelten, bevor sie wieder an die Wasseroberfläche rollten. Viele Übungen wurden in einem weiteren Durchgang dann noch einmal gezeigt, allerdings mit einer „Robbenblase“ am Kajak: traditionell wird an schwere erlegte Tiere (wie Robbe oder Wal) ein aufgeblasener Robbenbalg befestigt, damit das Kajak beim Abschleppen der Beute nicht kentert. Zusätzlich wurde, allerdings nicht beim Wettkampf, das erlegte Tier auf See ausgenommen und der wieder zugenähte Tierkörper mit Luft aufgeblasen, um sicherer transportieren zu können.

Abends gingen wir mit einem Teil der Gruppe und den beiden Reiseleitern in ein Restaurant, in dem es Rentierfleisch gab. Ob die Portionen immer so klein sind oder es nur waren, weil das Restaurant von so vielen Bestellungen überrumpelt wurde, wissen wir nicht. Jedenfalls wurden wir nicht satt und fragten nach Brot, um das in die auf den Tellern übriggebliebene Sauce zu tunken. Die Frau hinter der Theke (Service am Platz existiert weder in Grönland noch Island, man muss seinem Essen und der Bestellung immer selbst hinterherrennen) schob drei Scheiben Toast in den Toaster, halbierte sie und fertig. Die Argentinierin neben mir war baff und kommentierte trocken: „in anderen Ländern würde man uns jetzt ein ganzes Brot backen, hier gibt‘s ne halbe Toastscheibe für jeden…“ Grönland ist, strenggenommen, nicht Skandinavien, aber weil viele Dänen dort arbeiten und wohnen, ist die Mentalität doch oft so, wie wir es aus Skandinavien kennen und nicht mögen.

Was sie auch sagte und woran ich in den kommenden Wochen oft denken musste ist: „Island hat einfach keine KULtur, die haben nur NAtur.“ Sie hatte auf Island als Gletscherführerin gearbeitet und die Nase voll. Doch zurück nach Grönland, wo wir uns mit Hunger in unseren Schlafsäcken auf fleckige Matratzen legten und dem nächsten Tag entgegenschliefen.

Es ging weiter gen Süden, das Eis war durch den starken Wind etwas von der Küste weggetrieben worden und für uns war der Weg frei zur Insel Uunartoq, wo es heiße Quellen gab. Etwas länger als eine Stunde pflügten wir Highspeed durch die Eisberge, Jan und ich hatten wieder Spaß. Zugegeben: nicht alle fanden den etwas sportlichen Fahrstil so cool wie wir, die wir ganz entspannt auf dem Bootsrand saßen und die Eislandschaft an uns vorbeifliegen sahen.

Die Bootsfahrten waren ein weiteres Highlight der Reise: so nah am Eis zu sein geht nur aus dem Schlauchboot, von einem geschlossenen Boot, einer Fähre oder Kreuzfahrtschiff aus ist das Erlebnis ein anderes. Ja, es war teilweise ziemlich kalt, aber wir mögen kalt und solange es trocken bleibt, macht kalt auch Spaß.

Natürlich blieb es nicht trocken. Kaum dass wir auf der Insel angekommen waren und unser Zelt aufgebaut hatten, kam der Regen wieder. Und weil der Regen in den vergangenen Wochen so viel gefallen war, hatte er den natürlichen Pool der an sich 38°C warmen Quelle so weit abgekühlt, dass es sich für uns nicht lohnte, dort im Regen zu baden.

Auf der Insel wohnt eine Familie und wir wurden von ihnen mit Arktisforelle lecker bekocht. Weil wir zum Essen in ihrem Wohnzimmer saßen, war es richtig warm und gemütlich, jedoch nicht lange, dann mussten wir die Familie alleine lassen und krabbelten alle in unsere Zelte. Es war trotzdem gemütlich mit dem auf das Zelt tröpfelnden Regen und wir haben gute Schlafsäcke.

Der Plan war, am nächsten Tag bis tief in den Tasermiut Fjord hineinzufahren, um die berühmten Felsen zu deren Fuße wir eigentlich hätten drei Tage campen und wandern sollen, wenigstens zu sehen. Das bedeutete zweieinhalb Stunden rasante Bootsfahrt gen Süden, aber je näher wir dem Ziel kamen, desto weniger Eis gab es. Ob der Tasermiut Fjord jemals voll Eis war, wie uns erzählt wurde und ob dort jemals Eisbären an Land gegangen waren, wie es hieß? Wir wissen es nicht.

Was wir sahen war, dass das Camp, das wir schon zwei Tage zuvor hätten beziehen sollen, noch im Winterschlaf war und während unserer Vesperpause beim Blick auf die mächtigen Felsen jemand kam, der das Küchenzelt für die uns nachfolgende Gruppe herrichtete.

Egal, wir hatten es geschafft, an diesen Ort zu kommen, saßen unter der unter Kletterern berühmten Felswand, schwieriger zu bezwingen als „El Capitan“ im Yosemite und legendär, weil schwer zu erreichen. Eine der 10 herausforderndster Kletterwände der Welt thronte über uns in traumhafter Landschaft.

Die Sonne schien, aber ich hatte in Qaqortoq im Viersternehotel die Wettervorhersage inklusive Wind abfotografiert und wusste: das wird noch lustig. Eigentlich wären wir laut Reisebeschreibung nur bis in das eine Stunde entfernte Nanortalik gefahren, um dort im Hostel zu übernachten, aber auch das war aus diesem oder jenem Grund nicht einsatzbereit, sodass wir wieder gute zweieinhalb Stunden Fahrt vor uns hatten, um in Alluitsup Paa untergebracht zu werden.

Als wir zurück ins Zodiac kletterten, war der Wind schon sehr stark, sodass das Manöver nicht gerade einfach war. Die See war so rau, dass die Wellen über uns ins Boot hinein brachen. Wir hatten starken Gegenwind und unser Bootsmann führte uns langsam durch die Wellentäler von Wellendusche zu Wellendusche.

Wir trugen alle die vom Veranstalter gestellten dicken Parkas, die nur warm, aber nicht wasserdicht waren. Zum Reisen auf dem Meer, keine 50cm von der Wasseroberfläche entfernt, völlig ungeeignet. Grundsätzlich macht mir ein solcher Seegang auf einem solchen Boot Spaß, aber nicht, wenn das Wasser nur 3°C hat und man nass wird. Wir hatten zwar alle (aus Erfahrung der vorherigen Tage) unsere komplette Regenmontur inklusive wasserdichter Schuhe und Handschuhe an, doch weil der Parka recht schnell tropfnass war, sog sich das Wasser über die Bündchen unter die Regenklamotten und lief in die wasserdichten Handschuhe – und nicht mehr hinaus.

Bei der kleinen Pause zum Glieder ausstrecken in Nanortalik war ich nach etwa 1,5 Stunden Fahrt schon so durchnässt und „gut gekühlt“, dass ich zitterte und mit den Zähnen klapperte. Ich war nicht alleine mit dem Klapperkonzert und so wurden alle, die vor Kälte zitterten, in den hinteren Teil des Bootes gesetzt, wo weniger Wellen über einen schwappen und wir bibberten gemeinsam eine weitere Stunde im eiskalten Fahrtwind und unter eiskalten Wellenduschen. Ich war so wütend, hatten wir doch zuhause 100% wasserdichte Winteroveralls von unserer EISREISE, als wir mit zwei Motorrädern im Winter ans Nordkap gefahren waren. Hätten wir gewusst, dass diese Parkas nicht wasserdicht sind, hätten wir unsere eigenen Klamotten mitgebracht!

Irgendwann kamen wir in einer privat geführten Unterkunft an. Es gab sogar Bettwäsche! Ich lag bibbernd in meinem Daunenschlafsack, unter Jans Schlafsack und der dicken Bettdecke und trank heißen Tee, um meine Körpertemperatur wieder zu heben, während unsere tropfenden Klamotten kleine Salzseen auf dem Laminatfußboden produzierten… Der körperlich härteste Tag der Reise – so ganz ohne wandern, paddeln oder Steigeisen. Grönland ist definitiv nichts für Anfänger, aber könnte weniger hart sein, wenn die Ausrüstung gut ist.

Morgens waren die dicken Parkas immer noch nicht richtig trocken, aber der Nebel lichtete sich recht schnell, sodass der Fahrtwind beim Trocknen half. Wir fuhren wieder rund zwei Stunden bei teils weiterhin rauer See, immer weiter gen Norden, denn am nächsten Tag schon fand unser Rückflug statt!

Wir machten unterwegs einen kleinen Zwischenstopp in Hvalsey, einer ehemaligen Wikingersiedlung mit der bis heute am besten erhaltenen Wikingerkirche Grönlands. Eigentlich fehlte nur das Dach, ganz im Gegensatz zu der Wikingerkirche in der Nähe von Narsaq konnte man noch viel sehen.

Wir krabbelten zurück ins Boot und fuhren weiter bis ins angeblich „schönste Dorf Südgrönlands“, Igaliku. So schön, dass es dort sogar Touristen und ein Hotel gab! Die waren allerdings nicht darauf vorbereitet, dass wir 11 Touristen auch noch ins Örtchen kamen und bis vier von uns einen Kaffee hatten, war eigentlich auch schon wieder Zeit, weiter zu laufen. Gruppenreisen sind zu schnell für verschlafene grönländische Dörfer…

Wir liefen über die Landzunge hinüber zum nächsten Fjord, wo wir von unserem Zodiac wieder abgeholt wurden, welches in drei Stunden um die Landmasse, die beide Fjorde trennt, herumgedüst war. Die Landschaft war wirklich schön: überall Blümchen und Schafe, richtig malerisch und lieblich.

Ein Highlight gab es noch: ein letzter Gletscher. Als wir dem Gletscher immer näherkamen, merkte ich, wie sehr ich das genoss. Auch Jann lächelte vor sich hin: ja, die liebliche Landschaft mit Blümchen und Schäfchen ist hübsch, aber wir stehen tatsächlich doch mehr auf Eis. Wir sind EISREISEnde, vom Anfang unserer Ehe an.

Als das Zodiac im Gletschereis stecken blieb und den Motor ausmachte, bekam jeder Gast ein Bröckchen Jahrtausende altes Gletschereis in einem Pappbecher serviert und wir lauschten andächtig der „Eismusik“. Eis macht Geräusche. Immer. Auch ein gefrorener See liegt nicht „Still und starr“. Eis singt, Eis knistert, knallt, flüstert, knackt, raschelt, zischt, knirscht, kracht, rauscht und säuselt vor sich hin – und erzählt von seiner Vergangangenheit. Eis hat so viele Geräusche und wer Eis kennt, hört es „reden“. Der Baikalsee knallt manchmal wie Peitschenschläge, dieses Gletschereis knisterte geheimnisvoll in unsere Ohren. Wunderschön! Wir lieben Eis und hatten Herzschmerz, dieses Element wieder zu verlassen. Doch wir hatten beschlossen: wir kommen wieder! Diese zwei Wochen Grönland waren zum Antesten und wir müssen sagen: es hat geschmeckt! Nicht nur das Gletschereis. Doch nächstes Mal kommen wir mit eigener Ausrüstung: eigene, wasserdichte Winteroveralls, eigenes, hochwertiges Zelt, eigene, bequeme Isomatten.

Wer wollte, goss sich sein Gletschereis mit Martini auf – unser Reiseleiter war schließlich Italiener. Wir nahmen, Gletschereis knabbernd, Abschied von Grönland. Es waren zwei Wochen, in denen viel nicht so gelaufen war, wie geplant. Doch dafür kann Grönland nichts, nur das Wetter und der unprofessionelle Umgang des Reiseveranstalters damit.

Abends gab es im Hostel das groß angepriesene „Abschiedsessen mit lokalen Spezialitäten“. Jeder bekam ein bisschen Trockenfisch, der aber in Island und Grönland wenig knusprig und wenig salzig ist, wie es das in zum Beispiel Norwegen gibt. Dann gab es für jeden einen Würfel rohes Walfleisch, beziehungsweise die Haut und oberste Fettschicht eines Minkwals. Die Haut lässt sich nicht kauen und wird, nachdem man die Fettschicht abgekaut hat, einfach heruntergeschluckt. Aber grundsätzlich nicht schlecht und wir hätten gerne mehr Varianten probiert. Das Hauptgericht hieß „Lamm“, war aber eher Hammel, sodass ich mich mit Knäckebrot über Wasser hielt. Nun ja. Ich war zu lange und oft mit Einheimischen in der Mongolei unterwegs.

Am nächsten Morgen gab es noch einen kleinen Rundgang zur rekonstruierten ersten christlichen Kirche (Minikapelle) Grönlands und in ein rekonstruiertes Grassoden Haus der Wikinger. Weil die Wikinger ihre Häuser zu groß und vor allem zu hoch bauten, brauchten sie jeden Winter Unmengen an Holz zum Heizen und holzten dadurch Grönland nach und nach ab. Heute gibt es auf Grönland nur vereinzelt Bäume und einige wenige Aufforstungsbemühungen, die aber aufgrund der extrem kurzen Vegetationsperiode auf Grönland nur sehr homöopathisch Erfolg haben.

Schon war es Zeit, ein letztes Mal die vermaledeiten roten Parkas anzuziehen, die so voll Salz waren, dass sie glitzerten und steif waren. Wir wurden im Zodiac auf die andere Seite des Fjordes gebracht, wo der Flughafen von Narsasaq liegt. Es war noch Zeit für einen Nescafé mit Edgar, der über Kopenhagen nach Österreich zurückflog. Unser Flug ging erst abends und wir vertrieben uns die Zeit noch im Museum von Narsasaq, wo wir alles über die Zeit erfuhren, zu der Narsasaq im zweiten Weltkrieg als amerikanische Airbase eine große Rolle gespielt hat.

Dann war es für uns wirklich Zeit, von der größten Insel der Welt Abschied zu nehmen. Vielleicht ist Grönland aber auch ein Archipel, denn was wirklich unter den Massen Inlandseis liegt, weiß man nicht genau. Was auch immer: wir sind heiß auf noch mehr Eis und werden sicher Grönland einen zweiten Besuch abstatten. Mindestens.

War Grönland unbezahlbar? Nein. Ein Urlaub in Skandinavien ist sicher nicht billiger, nur populärer. Wer nach Grönland möchte, kann natürlich auch viel Geld ausgeben und sich jede Nacht in komfortable Betten kuscheln, mit geschlossenen Booten unterwegs sein und gut essen. Wir aber wollten die Natur erleben, das raue, teils noch traditionelle Grönland erleben, wollten dem Eis ganz nah sein.

Wir landeten nach Mitternacht auf Island, fuhren mit dem Flughafenbus nach Reykjavik, um dort im Hostel ins Bett zu fallen. Schon wenige Stunden später landete der Rest unserer Familien-Reisegruppe auf Island und wir brachen auf eine zwei-Generationen-Rundreise durch Island auf. Doch davon erzählen wir Euch beim nächsten Mal!

Euch gefällt unser Blog? Schön! Dann unterstützt uns und sagt Danke! Das geht ganz einfach aus fremden Taschen:

  • Abonniert unseren YouTube channel: unser YouTube Kanal
  • Kauft über unseren Amazon Affiliate Link ein: Amazon.de
  • Bucht Reisen und Unterkünfte über unser Booking Affiliate: Booking.com
  • Lest oder verschenkt unser EISREISE Buch (und hinterlasst eine Bewertung): unser EISREISE Buch
  • Designt über diesen Link T-Shirts und mehr für Euch oder als Geschenk: https://travelove.myspreadshop.de/
  • Oder zückt Euer eigenes Portemonnaie und ladet uns virtuell zum Kafee ein. Paypal Spende: https://www.paypal.me/travelove4u
  • Möchtest Du uns regelmäßig auf ein Käffchen einladen, schau mal hier: Steady
  • Überweisung: Jan-Hendrik Neumann, IBAN: LT44 3500 0100 111 0300 BIC: EVIULT2VXXX (Bank: Paysera LT, UAB)
  • Wir gehen mit der Zeit und akzeptieren auch Bitcoins. 🙂 Unser Wallet: 3PVxaabSZGwfWwzFykxLJqTwV7rYrpqjK8

Als Dankeschön für die Spende gibt’s ein Foto von uns mit Deinem Namen und dem “Investitionsgut”. Du findest Dich dann in dieser Galerie wieder.

Danke, dass Ihr nicht nur unsere Inhalte konsumiert, sondern uns auch dabei unterstützt, die Kosten für Website & Co zu decken.