Silke

Jan hatte mich überzeugt: ich brauchte nach 17 Jahren neue Klamotten! Die ausgebleichte alte Jacke zeigte zwar, dass ich weiter als bis zur Eisdiele gefahren bin, aber wirklich sicher ist ein durch UV-Strahlung spröde gewordener Jackenstoff natürlich nicht mehr. Ich fand die Hose von 1999 zwar noch wirklich gut genug, aber man kann ja durchaus auch mehrere Hosen besitzen…

Die Suche nach einer hochqualitativen Weltreisejacke für alle Klimazonen war schon für Jan schwierig, aber für mich nahezu aussichtslos. Das Gros der Damenjacken ist für Gelegenheitsfahrerinnen oder Sozias ausgelegt: miese Qualität, billige Materialen und statt Funktionalität „Schicki Micki“. Auch im oberen Preissegment scheint die Motorradfahrerin von heute nur ihren Lippenstift in den Jackentaschen zu verstauen, denn ein rechteckiger Gegenstand wie ein (kleines) Smartphone oder Portemonnaie passt in diese schräg geschnittenen Täschchen niemals. Wahrscheinlich braucht frau dafür ein Topcase? Dreilagenlaminat von GoreTex ist für Frauen nicht sinnvoll erhältlich und unempfindliche Jackenfarben auch nicht. Auch extrem wichtig für mich: (herausnehmbare und außen (!) tragbare) Gore-Tex Membran, um Hose und Jacke wasserdicht zu machen. Alle anderen “Tex” haben mich in den letzten 25 Jahren nicht überzeugen können.

Motorradjacke Silke

Im Sommer 2017 wurde ich in Bulgarien bei einem Briten auf die Held Carese II Motorradjacke aufmerksam. Leider gab es sie da noch nicht für Damen, aber ich war schwer verliebt. Kaum war sie Ende 2017 als Damenjacke auf dem Markt, musste ich sie unbedingt haben. Diese Jacke kann wirklich alles: sie ist eine extrem luftige Sommerjacke, wasserdichte Gore-Tex Jacke und Freizeitjacke in einem! Die Gore-Tex-Regenjacke fungiert dabei als winddichtes Innenfutter, als wasser- und winddichte Freizeitjacke und wird bei Regen einfach über der Motoradjacke getragen, sodass man nach dem Regen keine kiloschwere, triefendnasse und eisgekühlte Jacke hat, sondern nur die Regenjacke kräftig ausschüttelt und verstaut. Über meine Daunenjacke (für Westafrika: Steppjacke) getragen habe ich mit der Gore-Tex Regenjacke zusätzlich eine wind- und wasserdichte Winterjacke, ohne auch nur ein einziges zusätzliches Kleidungsteil mitzunehmen. Ohne die Gore-Tex Jacke ist die Motoradjacke extrem luftdurchlässig und mit so vielen netten Features bestückt, dass ich Euch das in einem Video erkläre:

Wir haben uns beide gegen eine klassische Jacke mit Steppfutter entschieden. Denn wohin im Gepäck mit dem Steppfutter, wenn die Sonne scheint? Es handelt sich dann um ein unnötiges Kleidungsstück, welches noch nicht mal als Freizeitjacke taugt. Und wenn ich Frostbeule friere, dann ziehe ich meine Fleecejacke darunter. Reicht das nicht, kommt die dünne Daunenjacke (in Westafrika: Steppjacke) als Zusatzschicht darunter. Und diese beiden Jacken haben wir beide sowieso im Gepäck. Travel light!

Nach über 50.000km kann ich sagen: Die Held Carese II ist immer noch meine Traumjacke. Einzig die Farbe ist lästig. Für Damen gibt es die Jacke nur in beige. Weil Damen sonst hinter dem breiten Rücken ihres Mannes auf dem Soziussitz vor Dreck geschützt reisen? Weil Mädchen nicht im Dreck spielen? Jede Mücke (ja, hier gibt es noch massenhaft Insekten!) hinterlässt einen Fleck, jeder rußende LKW färbt das Beige grauer, jeder Tropfen Spritzwasser setzt schmutzige Akzente. Und da wir gerne den Asphalt verlassen, sorgt Jans Staubfahne für das perfekte Finish. Ich sehe nach wenigen Kilometern schon aus wie Sau. Nicht gerade ideal, wenn auf Reisen der erste Eindruck wichtig ist. Möchte man da als verdreckter Landstreicher daher kommen? Nein. Und so wünsche ich mir die Jacke in blau, rot, anthrazit, braun, grün, schwarz – nur nicht in beige. Man darf ja trotz Traumjacke noch Träume haben! 😊Ach ja: die “wasserdichten Außentaschen” sind nicht wirklich wasserdicht. Unter der Jacke trage ich das Funktionsshirt “Linencool” von Odlo. Mega dünn, mega atmungsaktiv, mega schnell trocknend. Das “Fahrshirt” wandert abends mit mir unter die Dusche und ist morgens wieder frisch und trocken.

Warum wir beide nicht mit MX-Shirts fahren, obwohl es in Afrika meist richtig heiß ist? Weil diese Shirts für den Offroadgebrauch konzipiert wurden. Stürzt man dort, wo man normalerweise ein solches Shirt nutzt, fällt man auf Sand, Erde oder Schotter. Stürzt man mit einem solchen Shirt jedoch auf Asphalt (und davon gibt es außerhalb des eigenen Heimatlandes wesentlich mehr, als man von “Abenteuerreisenden” weis gemacht bekommt), schützen solche “Flatterhemdchen” so gut wie gar nicht. Man könnte auch nackig fahren, denn der dünne Stoff ist sofort aufgerissen – und die Haut darunter auch. Eine Motorradjacke ist abriebfest und schützt vor fiesen Verletzungen. Lieber drei Tropfen mehr Schweiß schwitzen als hinterher die Asphaltsteine aus großflächigen Wunden pulen müssen und im feuchtwarmem Klima monatelang mit nässenden, entzündeten Wunden herumlaborieren…

Eine perfekte Motorradhose zu finden, war auch (fast) unmöglich. Meine Traum-Motorradhose sollte nicht nur alle Funktionen der Jacke haben, sondern auch bequem sein und über oder in die MX Stiefel passen. So eine Hose gibt es nicht. Wie Jan musste auch ich improvisieren. Da auch ich grundsätzlich nur mit MX Stiefeln aus dem obersten Regalfach fahre (ich liebe meinen Alpinestars Tech 8) und das keine einzige Damenhose berücksichtigt (abgesehen davon: versucht Mal einen Tech 8 in Größe 37 zu kaufen…), musste unser Schneider ran. Die Stadler Evo Hose ist grundsätzlich eine sehr bequeme Sommerhose, ausgestattet mit allen Protektoren und sehr luftig. Leider ist das, was wie Leder aussieht keines, sondern nur billiges Imitat. Außerdem ist die Hose unten zu schmal geschnitten, um über MX Stiefel zu passen und viel zu weit, um in die Stiefel gestopft zu werden. „Madame on wheels“ trägt wohl eher Stiefeletten und keine MX Boots. Mir tat es in der Seele weh, aber unser Schneider musste in die 800€ teure Hose zerschneiden, um sie an Wade und Knöchel enger zu machen. Unter der Hose trage ich eine lange Unterhose. Auch von Odlo, auch mega schnell trocknend, mega dünn und mega atmungsaktiv. Diese verhindert “ekliges Festkleben” beim Schwitzen und verhindert im Ernstfall Verbrennungen beim Sturz. Die Reibungsenergie wird von der langen Unterhose und nicht von der Haut abgefangen. Habe ich vor 20 Jahren in Kroatien bei regennasser Fahrbahn “erfolgreich” ausprobiert. Danach war die lange Unterhose kaputt, meine Haut aber nicht.

Wird es kühl oder nass, kann ich die Gore-Tex Laminat Überhose anziehen. Diese ist wie Jans Gore-Tex Regenhose sehr robust und wird nicht schon beim ersten Busch zum Sieb. Weil sie mir etwas zu groß ist, passt sie sogar über die Stiefel! Gute Passform ist zwar etwas anderes, aber bevor ich nackig fahre, mache ich halt Kompromisse!

Als ich 1999 den Motoradführerschein machte, riet mir mein Fahrlehrer zu einem Paar Lederhandschuhen, mit denen ich bis zu dieser Reise immer noch gefahren bin. Sie sind nach einigen hunderttausend Kilometern fast wie eine zweite Haut an meine Hand gewachsen. Seit Jahren sind sie durchgegriffen, doch kein Handschuh war gut genug, um die löchrigen, alten Dinger zu ersetzen. Aber wer lange sucht, wird auch irgendwann fündig: Held Evo-Thrux! Er ist nicht nur bequem, sondern bietet alles, was man sich an einem Handschuh so wünscht: Känguruleder, Knöchelschale, Visierwischer, Kevlar, Handgelenkhartschale und Belüftungsöffnungen.

Leider ist die Innenhand in einer völlig unnützen Farbe gestaltet – hellgrau. Was sich Held dabei gedacht hat? Nach nur 7000km sahen meine Handschuhe schon ziiiiemlich eklig aus. Ist doch logisch, dass die Alu-Hebeleien Abrieb hinterlassen! Weiß das Held nicht? Wie auch Jan habe ich mich für einen ungefütterten Handschuh entschieden. Jan hat Heizgriffe, ich hatte die ersten beiden Jahre Heizhandschuhe dabei! Die wasserdichten beheizten Winterhandschuhe von Heizteufel haben mich in der Vergangenheit nicht nur bei -37°C im Rahmen der EISREISE mit warmen Pfoten zum Nordkap gebracht, sondern auch bei nassem Mistwetter trocken gehalten. Nach Westafrika kommen allerdings keine Heizhandschuhe mit. Im Iran und in Armenien war ich jedoch sehr froh, sie dabei zu haben.

Sind mir Lederhandschuhe zu warm, nehme ich meine Yamaha Racing Damen – MX Handschuhe. Die sind aus den USA haben einige Rallye-Kilometer hinter sich und wurden mehrfach geflickt, aber es ist schwer, für schmale Frauenhände gute MX-Handschuhe zu finden. Mädchen spielen nicht im Dreck, könnte man meinen…

Wie bereits erwähnt, stecken meine Füße in Alpinestars Tech 8 Stiefeln. Wir beide fahren grundsätzlich nur mit hochklassigen MX Stiefeln, denn sogenannte „Touringstiefel“ sind uns nicht sicher genug. Wir haben nur zwei Füße! Die Unart mancher Reisender, mit Wanderschuhen zu fahren, halten wir für grob fahrlässig, schließlich wird mehr Motorrad gefahren, als gewandert! Ja, MX Boots sind klobig, aber Ballettschläppchen sind einfach nicht sicher. Ja, MX Stiefel sind nicht wasserdicht – aber der Müllbeutel darin ist es und die Innenschuhe trocknen über Nacht blitzschnell. Und ja, in MX Stiefeln kann man nicht wandern – in Touringstiefeln aber auch nicht. Und die Innenschuhe wandern einfach bei der nächsten Wäsche in die Waschmaschine, wenn die Stiefel das Müffeln anfangen. Als Socken nutze ich Sport-Kompressionsstrümpfe. Die sorgen dafür, dass nach langen Tagen in heißen Klimaten meine Füße noch in High-Heels passen. Oder so. Sie verhindern einfach “dicke Füße” und sorgen dafür, dass man sich abends immer noch so leichtfüßig fühlt wie morgens. Wichtig ist, sie in der richtigen Größe (Wadenumfang) zu kaufen, sonst nützt alles nix…

Unser Gepäck war schon lange komplett, da hatte ich immer noch keinen Helm. Mein Crosshelm war ein paar Rallyes und Kontinente alt und musste dringend ersetzt werden. Doch nachdem Jan seinen Cross- Klapp- Integralhelm gefunden hatte, entschied ich mich auch dafür, einen Crosshelm mit Visier zu fahren. Leider passt mein Kopf nicht in Scorpion Helme, wohl aber in Shoei! Nach einer Stunde PC Arbeit mit Helm auf dem Kopf war ich auch ohne Probefahrt sicher: der Shoei Hornet ADV ist mein neuer Weltreisehelm! Für mich völlig neu als Kombination von Crosshelm mit Visier, aber schon nach den ersten Kilometern wusste ich die Vorteile zu schätzen: der Komfort eines Integralhelms, der besten Wetterschutz bietet in Kombination mit dem Schild, das vor Sonne schützt, ohne die Sicht mit Sonnenbrille oder Sonnenblende komplett zu verdunkeln. Meine anfängliche Befürchtung, ich könnte durch das Visier im Helm zu wenig Luft bekommen, löste sich auch schnell in Luft auf: der Shoei Hornet ADV ist so gut belüftet, dass ich als Frostbeule Anfang Mai erstmal alle Belüftungsöffnungen geschlossen habe. Und durch das Pinlock Visier läuft auch das Visier nicht an. Wichtig war mir, dass das Helmfutter waschbar ist und der Helm einen Doppel-D Verschluss hat, der sicherstellt, dass der Kinnriemen immer optimal sitzt. Nicht zuletzt gefiel mir auch das Design, denn ich kann mit aggressivem Style, Neonfarben oder Totenkopfdesigns nichts anfangen. „Mädchen“ halt!

Und weil ich mit meinem Mann shoppen war, habe ich jetzt auch den klassischen Held Nierengurt. Ob wir den im tropischen Westafrika dauerhaft tragen werden, wissen wir nicht. Bei 45°C in Russland war er auch nur Ballast im Gepäck. Bei der Anreise und in Marokko ist er aber noch nützlich.

Aussortierte Klamotten:

Für kalte Wüstenfahrten am Morgen/Abend für 14€ habe ich die billigsten gefütterten Damenhandschuhe im Ausverkauf ergattert. Wahrscheinlich nach 1000km nicht mehr wie beworben wasserdicht, aber das war egal in Westafrika, da fahren wir in der Regenzeit nicht Motorrad. Die Handschuhe waren bei der Anreise in Europa toll (und da auch wirklich wasserdicht!) und morgens/abends in Marokko. In der Westsahara flogen sie aus dem Gepäck und reisten mit Freunden zurück nach Bulgarien.

Der absolute Luxus in meiner Motorrad Weltreise Ausrüstung war in den ersten beiden Jahren meine Widder System II Heizweste die schon bei unserer EISREISE (eiskalte Hochzeitsreise – im Winter mit zwei Motorrädern ans Nordkap) gezeigt hat, was sie kann: kuschelig warm machen dank beheiztem Kragen und durchgehend verarbeiteten Heizdrähten statt weniger Heizplatten. Sie war im Iran und in Armenien Gold wert!

Auch ich habe damit für Klamotten mehr Geld ausgegeben, als mich mein Motorrad „Pet“ gekostet hat. Für mich völlig logisch, denn die Vergangenheit hat mich schon gelehrt, dass es keine Ersatzteile für meinen Körper gibt, aber Ersatzteile für Motorräder!

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