Nachdem wir am 21.6.2019 aus dem Iran nach Armenien ausgereist waren, dachten wir, ab dann wäre alles einfach. Wir würden zum 3Gs Camping in der Nähe von Eriwan fahren, den Motor anschauen, Teile oder einen Austauschmotor per Luftfracht schicken lassen und in 2 Wochen wieder startklar sein. So der Plan, doch wir hatten den Plan nicht mit den Deutschen gemacht…
Jan fuhr mit dem Motorrad bis in die Nähe von Eriwan, Pet und ich hatten uns einen Sprinter gechartert. Der Fahrer sprach zwar nur Armenisch, wir verstanden uns aber trotzdem gut und hatten einen schönen Tag zwischen Iran und dem Campimgplatz.
Der Motor war schnell geöffnet und wir fanden absolut nichts, was einen zweiten (!) gebrochenen Kolben verursacht haben könnte. Außer einen größeren Metallkrümel in einem Fitting einer Ölleitung. Dieses Metallteil könnte in Teheran in der Werkstatt in den Motor gelangt sein und somit je nach Lage den Ölfluss derart behindert haben, dass der Motor manchmal super lief und manchmal überhitzte. Wer weiß!
Und wenn es nicht das Metallteil war? Wir fanden einfach nichts, fuhren am nächsten Morgen samt Motorteilen zu unserer Motorradwerkstatt des Vertrauens und die fanden: auch nichts. Nach genau 50.000km sah der Motor fabrikneu aus. Nur am 6. Gang konnte man sehen, dass er zumindest irgendwann schonmal genutzt worden war. Da keiner eine Ursache finden konnte und auch sämtliche Internetforen und Freunde ratlos waren, beschloss ich schnell: dem Motor traue ich nicht mehr über den Weg, ich ersetze ihn einfach.
Der Motor wird zwar bis heute gebaut (in der E-Starter Variante), aber man muss das ganze Motorrad drumherum kaufen, auch wenn man nur den Motor will. Das Motorrad habe ich ja schon und den Motor in Einzelteilen zu teuren Ersatzteilpreisen zu kaufen kam nicht in Frage. Ein Unfallmotorrad war auch gerade nicht auf dem Markt, also fand ich bei ebay Kleinanzeigen einen gebrauchten Motor mit akzeptabler Laufleistung.
Der Verkäufer versicherte mir tausendfach und auch schriftlich, dass der Motor Baujahr 1993 sei, denn das war extrem wichtig für mich und Pet. Wir wurden uns einig, ich kaufte den Motor und die dazugehörige CDI und Jan begann, bei DB Schenker die Luftfracht vorzubereiten. Irgendwann beschlich mich jedoch ein dummes Gefühl und ich bat den Verkäufer um ein paar Detailfotos, mit denen unser Freund Andreas eindeutig feststellte: der Motor war von 1992 oder noch älter. Das wollte der Verkäufer jedoch nicht glauben und es vergingen 3 unangenehme diskussionsreiche Tage, bis der Verkäufer doch mal beim Händler nachfragte und ich plötzlich das Geld vom Motor, jedoch nicht für die CDI zurück hatte.
Währenddessen wurde ein anderer Motor, diesmal mit richtigem Baujahr, von einem Motorradhändler verpackt und am Mittwoch, den 3.7. bei Schenker abgeliefert. In 3-4 Tagen nach Vorkasse, so hieß es, sei der Motor in Eriwan am Flughafen. Doch es geschah 8 Tage lang nichts. Auch als das Geld für die Fracht schon längst auf dem Schenker Konto gewesen sein muss, verstrichen die Tage, ohne dass irgendwer bei Schenker einen Finger krumm machte. 8 Tage nach Anlieferung des Motors kamen kurz vor Feierabend die Flugpapiere. Die „3-4 Tage“ hatten die Damen und Herren bei Schenker mit anderen Dingen verbracht.
Die Flugpapiere besagten eindeutig, dass der Motor am Freitag, den 12.7. los fliegen sollte, um Samstag früh um 3:45 in Eriwan zu landen. Das wäre 10 Tage nach Anlieferung gewesen und hatte da schon mit „3-4 Tage“ nichts mehr zu tun. Wir fuhren also am 13.7. zum Flughafen und erfuhren: keine Luftfracht für uns. Das wiederholte sich insgesamt 3 Tage, bis wir entnervt bei Lufthansa Cargo (mit denen der Motor flog) im Büro saßen und uns erkundigten. Denn wie auch DHL das gerne macht, hatte Schenker an unserem dritten Morgen im Cargoterminal behauptet, das Paket sei längst in Eriwan.
Lufthansa Cargo erklärte uns, dass es seit einigen Wochen große Probleme mit der Fracht gäbe, da diese mit den Passagiermaschinen fliege und seit dem Sommerflugplan kleinere Maschinen eingesetzt würden. Nichtsdestotrotz verkauft Lufthansa Cargo aber weiterhin Frachtkontingente an seine Partner, zum Beispiel DB Schenker, obwohl sie wissen, dass sie die Leistung nicht bringen können. Und DB Schenker verkauft einfach ungefragt und ungeachtet von Beschwerden weiter, denn der Euro muss rollen – am Besten so, dass man dafür nichts tun muss. Die Deutschen machen Mist und die beiden Herren im Büro in Eriwan müssen es ausbaden. Wir erfuhren, dass es durchaus sein könne, dass wir noch weitere 2 Wochen warten müssten. Luftfracht mit 4 Wochen Lieferzeit, wenn 3-4 Tage zugesichert werden. Danke, DB Schenker! Denn unsere Zeit, die tickte mittlerweile so richtig.
Wir fahren dieses Jahr nämlich nach China. Da man das mit eigenem Fahrzeug aber nur mit Guide und als Gruppe darf, haben wir über Special Adventure eine außergewöhnliche Reise über 7 Wochen China mit unseren Motorrädern gebucht. Dass das nicht billig ist, könnt Ihr Euch vorstellen. Die Einreise nach China findet zwingend am 19.8. statt. Und dass wir die Reise nicht antreten können, wenn der Motor nicht rechtzeitig kommt, weil DB Schenker Luftfrachtkontingente verkauft, die Lufthansa Cargo seit Wochen nicht hat, haben wir der Dame von DB Schenker und dem Herrn von Lufthansa Cargo dann mal erklärt. Als wir dann den Reisepreis nannten, den wir dann von den deutschen Traditionsunternehmen zurück fordern würden, klappte es plötzlich.
Man fing an zu arbeiten und „zufällig“ war in der nächsten Maschine nach Eriwan doch Platz für unser kleines 43kg Paket. Wir fuhren also einen vierten Tag zum Cargoterminal und tatsächlich: das Paket war da! Im Laufe der nächsten Stunden lernten wir, dass Zollformalitäten im Ausland nicht unbedingt kompliziert sein müssen. Das Paket kam mit einem dicken Packen deutscher Zoll-Begleitpapiere auf Spezialpapier aus den 1980ern mit unzähligen Durchschlägen in verschiedenen Farben. Kaum waren die Daten im armenischen System eingegeben, gab es kaum Papier mehr, sondern nur einen QR Code. Die Abwicklung verlief transparent und zügig, nur der Bankschalter war überfordert, denn dort mussten alle ihre Gebühren zahlen.
Aber auch das war kein Ärger, denn im Wartebereich des Cagoterminals gibt es ein Bistro, das wirklich leckeres Essen, Gebäck und Getränke serviert, sodass man es sich richtig gut gehen lassen kann, während man darauf wartet, dass die eigene Nummer am Bankschalter aufleuchtet. An diversen Zahlterminals kann man die Wartezeit auch dazu nutzen, die Telefon- Strom- oder Gasrechnung zu zahlen, ein Knöllchen zu begleichen oder sein Wallet aufzuladen. Wallet? Genau: Willkommen in der Zukunft – die findet nämlich schon lange in völlig unterschätzten Staaten statt, während in Europa über genau diese Staaten aus ignoranter Unwissenheit mit Arroganz milde gelächelt wird…
DB Schenker hatte es also in „erfolgreicher“ Zusammenarbeit mit Lufthansa Cargo geschafft, aus „3-4 Tagen“ ganze 15 Tage zu machen. Gut, dass wir in Armenien 180 Tage bleiben dürfen! Insgesamt waren wir bis der Motor am Folgetag eingebaut war, ganze 4 Wochen in Armenien. Der alte Motor reist inzwischen mit einem deutschen Pärchen gen Westen, wir kämpfen gegen die Zeit und um unser Geld, den Ihr könnt Euch denken, dass Luftfracht nicht billig ist und wir, wenn wir gewusst hätten, dass das 15 Tage dauert, die Schneckenpost gewählt hätten – die das manchmal in 10 Tagen schafft. Das Geld für die falsche CDI habe ich vom Verkäufer des falschen Motors übrigens immer noch nicht zurück – und die CDI auch nicht. Erstaunlich, wie es die deutsche Zuverlässigkeit immer wieder schafft, uns in „Schurkenstaaten“ so zu „beeindrucken“. DB Schenker, der erste Verkäufer und Lufthansa Cargo haben da ein super Beispiel deutscher Tugenden geliefert…
Die 4 Wochen verbrachten wir in Goght auf dem 3Gs Campingplatz, schliefen im Zelt und grillten oft mit anderen Reisenden. Unser Reisestil fernab von touristischen Zielen bringt es mit sich, dass wir Monate lang keine anderen Reisenden sehen. So tat es richtig gut, in internationaler Gemeinschaft Gleichdenkender schöne Stunden um den Grill zu verbringen. Seelenbalsam pur!
Doch komischerweise reisten die alle zu ähnlicher Zeit ab und es folgten Menschen, mit denen wir weniger etwas anfangen konnten: Wohnmobilisten mit gepflegter rötlicher Sonnenbräune, Goldkettchen und Damen mit tief ausgeschnittenen verbrannt-faltigen Dekolletés sowie die eine oder andere europäische Familie, die ihre Kinder nicht im Griff hatte, sodass diese noch um Mitternacht um unser Zelt tanzten, ihr Spielzeug im Pool versenkten und so in der gesamten Anlage verteilten, sodass es irgendwann nicht mehr möglich war, barfuß zu laufen, ohne in Lego zu treten. Was uns positiv auffiel: die armenischen Kinder sprechen alle Englisch, da schon in der ersten Klasse Fremdsprachen gelehrt werden. Richtig klasse!
Weil wir letztes Jahr schon 2x in Armenien waren und nun weitere 4 Wochen, konnten wir uns noch mehr mit dem Land anfreunden. Statt wie unter Rei(a)senden üblich das Land in 10 Tagen Mindestversicherungsdauer zu durchfahren, ist es uns nach 10 Wochen richtig ans Herz gewachsen. Wir mochten Eriwan und Armenien schon letztes Jahr und unsere diesjährigen Erfahrungen konnten den Eindruck nicht kippen – im Gegenteil: die Zollabwicklung war ein überzeugendes Beispiel davon, wie Dinge auch laufen können…
Was haben wir in den 4 Wochen Zwangspause gemacht? Wir haben uns um unsere Webseite gekümmert, ihr ein paar zusätzliche Seiten und Features verpasst, unseren Shop bei Spreadshirt um ein paar selbs gezeichnete Designs erweitert, unsere Visa für China, Russland und Aserbaidschan beantragt, unsere Carnets de Passages rückabgewickelt, mal wieder mit dem deutschen Finanzamt telefoniert, unseren Videos auf YouTube Untertitel verpasst und ausgiebig die Waschmaschine genutzt. Ab und zu waren wir in Eriwan, sind abends essen gegangen, haben auf dem Platz der Republik die „singing fountains“ angeschaut, haben Schuster und Handyladen beehrt, uns mit einer „Obst Oma“ (und ihren Himbeeren) angefreundet und sind ein Mal mit drei Belgiern so lange durch die immer noch lebhafte Stadt gezogen, dass wir erst um 3 Uhr früh ins Zelt krabbelten.
Für 7€ pro Person gibt es hier einen Schlafplatz in Zelt oder Fahrzeug, dazu Pool, drei bestens ausgestattete extrem saubere Küchen, traumhafte sanitäre Anlagen wie wir beides noch nie auf europäischen Campingplätzen erlebt haben und herrliche Ausblicke von Balkon oder Terrasse wahlweise in ein grünes Bergtal oder auf den Ararat – insbesondere zu Sonnenuntergang beeindruckend schön. Unser Zelt stand unter einem schattenspendenden Walnussbaum und wir wurden jeden Morgen von einer Henne und ihren Küken vorm dem Zelt begrüßt. Jan hat die Hühnerschar abends auch gerne ins „Bett“ (den Hühnerstall) gebracht. Kein schlechter Ort, um auf Luftfracht zu warten…
Wir machen uns nun auf Richtung China. Wie wir dort hin kommen, ist noch nicht ganz klar, denn die Fähre über das Kaspische Meer hat keinen Fahrplan und weil die Fähren eine Fehlkonstruktion sind und bei leisestem Wind umkippen und daher erst gar nicht auslaufen, kann es sein, dass wir doch noch ein Transitvisum für Russland brauchen, um pünktlich in Kirgistan an der chinesischen Grenze zu stehen. Bis dahin könnt Ihr Euch ja auf unserer generalüberholten Webseite umschauen…
Übrigens: wo gehobelt wird, fallen Späne. Im Zuge der Renovierung unserer Website ist uns ein kleiner Fehler unterlaufen und unser Newsletter hat einen Blogbeitrag verschickt, der von 2018 ist und sich auf Steemit befindet. Ich war natürlich nicht plötzlich in der Mongolei. Wer uns auf Facebook verfolgt, der wusste das auch 🙂 Die Webseite ist noch immer nicht ganz so, wie sie sein soll, aber es wird… Und nun fahren wir Mal los und wünschen Euch viel Spaß beim Stöbern auf unserem Webauftritt. Es handelt sich nämlich um zwei ineinander verwobene Webseiten – schon gemerkt? 🙂
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nur wiefer einmal ein grosses DANKE
für den bericht
Super, habt ihr den Motor bekommen. Der Kolben sieht so aus, zumindest von der Seite, als wenn er mit dem Ventil kontakt gehabt hat, aber dass wisst ihr selbst. Gute Fahrt. Bis zur Chinesischen Grenze ist es weit 😉 und China ist auch nicht klein 🙂
Vielleicht macht es wirklich Sinn das Kaspische Meer nördlich zu Umfahren, die Fähre von Baku ist ein Alptraum (wenn man keine Zeit hat).
Wenn ihr doch die Fähre nehmt, dann auf jeden Fall genug Essen und Trinken für fünf Tage mitnehmen … selbst wenn Essen im Ticket Preis inklusive ist, wenn man der Küche keine Dollarschein gibt, dann ist das Essen kaum geniessbar.
Vor der Einreise nach Uzbekistan sicher nochmals Volltanken. Benzin war zumindest in 2015 nicht einfach zu finden.
Geniesst die Zeit
mika